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Berlin: Abschiebung: Yannicks unfreiwillige Ferienreise

Die Antwort des Bundespräsidenten kam am 6. Juni, die vom Bundeskanzler zwei Tage später.

Die Antwort des Bundespräsidenten kam am 6. Juni, die vom Bundeskanzler zwei Tage später. Beide ließen bedauern, dass ein Einschreiten in diesem Falle nicht möglich sei. Auf die Antwort von Otto Schily wartet Adiepo A. aus Zehlendorf nicht mehr. Es ist zu spät. Heute Morgen wollte er eines seiner drei Kinder, den 16-jährigen Yannick, zum Flughafen bringen. Das Flugticket nach Afrika hatte er zuvor an die Ausländerbehörde geschickt, die es an den Bundesgrenzschutz weiterleitete. "Wie ein Schwerverbrecher sollte er zum Flugzeug gebracht werden", sagt Adiepo A. Das Ende einer "freiwilligen" Ausreise.

Adiepo A. hat alles getan, um die Abschiebung seines Sohnes zu verhindern. Alles, bis hin zu Briefen an die politisch Mächtigen in Deutschland. Ohne Erfolg. Am 12. September 2000 war Yannick illegal eingereist. Das hatten weder er noch sein Vater so gewollt. Doch nach fast sechswöchigem Warten in Abidjan, der Hauptstadt der Elfenbeinküste, auf eine Einreisegenehmigung war erstens der Jahresurlaub von Adiepo A., der in Berlin als Ingenieur arbeitet, aufgebraucht. Und zweitens hatte in Berlin längst das neue Schuljahr begonnen. Kurzentschlossen kaufte er zwei Tickets und beide flogen über Zürich nach Berlin.

Seit 1986 lebt Adiepo A. hier. Den damals zweijährigen Yannick überließ er der Obhut der Mutter, die in Abidjan blieb. Als diese 1988 starb, nahm Adiepo A.s Schwester Ahouba den Jungen auf. Dann stürzte Ahouba im vergangenen Jahr aus dem Fenster im vierten Stock, konnte sich fortan nicht mehr um ihn kümmern. Also entschloss sich der Vater, seinen Sohn nach Deutschland zu holen. Inzwischen hatte er sein Diplom in der Tasche und in Berlin eine Familie gegründet. Auch war in der geräumigen Zehlendorfer Wohnung noch ein Zimmer für Yannick frei.

Wieder in Berlin angekommen, ging Adiepo A. zur Ausländerbehörde, um den Fall zu klären. Doch die zuständige Sachbearbeiterin war außer sich: "Ihr Sohn ist illegal eingereist!" Adiepo A. nahm sich einen Anwalt. Dieser erreichte eine Duldung des Jungen in Deutschland. Yannick wurde am Reinickendorfer College Voltaire eingeschult. Seine Zensuren waren gut. Ab September will er am Berliner Lycee Francaise Abitur machen. "Ich habe mit der Einreise einen Fehler gemacht. Jetzt wollen sie meinen Sohn dafür bestrafen", sagt Adiepo. Wann sein Sohn wieder nach Deutschland darf, weiß er nicht. Wenigstens hat er von der Berliner Ausländerbehörde die Zustimmung zur Wiedereinreise mit Visum, sobald das genehmigt ist. Das könnte aber mehrere Monate dauern, weiß sein Anwalt Ronald Reimann. Das neue Schuljahr fängt am 3. September an. Jetzt hofft die Familie auf eine Vorabzustimmung der Ausländerbehörde.

Annekatrin Looss

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