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Berlin: Abschied von den Waben

Der Kaufhof am Alexanderplatz baut um. Wie organisiert man eine Baustelle bei laufendem Geschäft?

Aus der Ferne sind die Bauarbeiten im Kaufhof am Alexanderplatz zwar sichtbar, doch mit der vertrauten Waben-Fassade ist das Warenhaus immer noch leicht zu erkennen. Die Waben allerdings sind ein optischer Trick: Die 4500 echten Aluminium-Waben aus DDR-Zeiten wurden im vorigen Sommer abmontiert. Und so entpuppt sich die vermeintliche Fassade bei näherem Hinsehen als eine Riesenplane, auf der das alte Äußere des Kaufhauses originalgetreu abgebildet ist.

Ein Warenhaus im laufenden Betrieb komplett umzubauen, ist im Einzelhandel zwar üblich, aber dennoch eine Herausforderung. „Wir machen alles so, dass die Kunden relativ wenig bemerken“, sagt Kaufhof-Geschäftsführer Detlef Steffens. Doch das gelingt nicht immer: Bei Hochbetrieb fiel zwei Mal kurz der Strom aus, weil Bauarbeiter Leitungen unterbrochen hatten. Dazu kam ein Fehlalarm. Eine automatische Durchsage verkündete eine „Hausräumung wegen einer technischen Störung“. Als viele Kunden schon zu den Ausgängen strebten, wurde die Ansage plötzlich widerrufen – jemand hatte einen falschen Knopf am Steuerungssystem für die Durchsagen gedrückt.

Natürlich hoffen alle im Haus, dass solche Vorfälle Ausnahmen bleiben. Bis zur Fußball-WM 2006 soll das Warenhaus komplett modernisiert sein, der Kaufhof-Konzern investiert rund 110 Millionen Euro. Die Verkaufsfläche wächst dabei von 20 000 auf 35 000 Quadratmeter, zum Teil durch Umnutzung der vierten und fünften Etage. Laut Steffens ist der Umbau keine Reaktion auf andere Projekte in der Nähe – auch nicht auf das im Bau befindliche „Alexa“-Center zwischen Alex und Jannowitzbrücke. Als der Bau dieser Shoppingmeile bekannt wurde, hatte der Kaufhof seinen Umbau längst geplant.

Das Management ist derzeit nebenan im Park-Inn-Hotel untergebracht. Wenn Geschäftsführer Steffens dort aus dem Fenster schaut, kann er den Fortschritt der Arbeiten gut verfolgen. „Ich habe die Arbeiter immer im Blick. Sollten sie mal nicht fleißig sein, sehe ich das sofort“, scherzt er.

Letztlich werde „kein Stein im Kaufhaus unberührt bleiben“, sagt Oberbauleiter Rudolf Westner von der beauftragten Firma Bilfinger + Berger. An jedem Mittwoch stimmt er die nächsten Schritte beim Umbau genau mit Steffens ab, damit der Verkauf möglichst wenig beeinträchtigt wird. „Innerhalb des Hauses müssen die Abteilungen ständig umziehen“, sagt Steffens. Innengestalter vertuschen dann schnell die Spuren: Provisorische Staubwände ersetzen abgerissene Wände, davor werden Regale gestellt und dekoriert. Dadurch ist von den Arbeiten so gut wie nichts zu sehen, zu hören sind sie gelegentlich schon.

Bisher haben sich die 700 Mitarbeiter darüber nur in wenigen Fällen beschwert. Auch die Kunden nehmen den Umbau gelassen. Das Sortiment muss vorübergehend etwas verkleinert werden. Einen gewissen Ausgleich bietet ein großes Verkaufszelt, das auf dem Alexanderplatz aufgestellt wurde. Dort gibt es hauptsächlich Sonderangebote und Deko-Artikel.

Die größten Gedulds- und Nervenproben für die Beschäftigten und Besucher des Kaufhofs stehen laut Bauleiter Westner aber noch bevor. Im Laufe des Jahres werden die zwei Treppenhäuser mit den Rolltreppen abgerissen, die durch die Verkaufsetagen führen. „So etwas ist heute unzeitgemäß“, sagt Detlef Steffens. Künftig soll es nur noch ein Treppenhaus in der Gebäudemitte geben, das neu errichtet wird. „Da wird es sicher laut werden“, sagt der Bauleiter.

120 Bauarbeiter sind mit der Modernisierung beschäftigt. 26 000 Kubikmeter Beton werden benötigt und 3000 Tonnen Stahl. Die 17 000 Quadratmeter große Fassade wird nach Plänen des Architektenbüros Kleihues neu gestaltet. Naturstein und Glas ersetzen die Waben – außer am Übergang vom Haupthaus zum Hotel, wo ein Teil der eingelagerten Aluminiumelemente später einen neuen Platz finden wird. Damit will der Kaufhof den „Wiedererkennungswert“ gewährleisten. Unter Denkmalschutz stehen die alten Waben aber nicht. Etwa 200 davon wird der Kaufhof im Frühjahr für einen guten Zweck versteigern. Die Einnahmen sind für das Kinderklinikum Buch gedacht. Nostalgiker werden die je zwei Meter hohen Waben bei einem Fest ersteigern können – zum Startpreis von zehn Euro.

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