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Abschied von der Früheinschlung in Berlin: Erst mit sechs Jahren in die Schule

Die Früheinschulung in Berlin wird abgeschafft, für die Inklusion und zur Sanierung von Schultoiletten gibt es mehr Geld. Das hat der Senat auf seiner Klausur beschlossen. Und wie geht es weiter?

Die Früheinschulung in Berlin ist bald Geschichte. Schon bei der Anmeldung für das Schuljahr 2016/17 können Eltern einfach ankreuzen, wenn sie ihr Kind ein Jahr später einschulen wollen, Gutachten sind dafür nicht mehr nötig. Ab der Anmeldung für das Schuljahr 2017/18 gilt der 30. September als neuer Stichtag: Eingeschult werden dann Kinder, die sechs Jahre alt sind oder es bis zum 30. September werden. Damit gilt in Berlin die gleiche Regelung wie in Brandenburg. Eine frühere Einschulung soll auf Antrag nach wie vor möglich sein, wie bisher für Kinder ohne Sprachförderbedarf, die bis zum 31. März des ersten Schuljahres sechs werden.

Das ist wohl das aus Elternsicht wichtigste Ergebnis der Senatsklausur. Seit dem Schuljahr 2005/2006 wurden in Berlin Kinder in dem Jahr eingeschult, in dem sie bis zum 31. Dezember sechs Jahre alt wurden. Zahlreiche Kinder waren deshalb am ersten Schultag noch fünf Jahre alt. Die Zahl der Eltern, die einen Antrag auf Rückstellung ihrer Kinder stellten, war in den letzten Jahren immer weiter gestiegen, im Jahr 2014/15 betraf es über 5200 Kinder.

Über die Frage der Früheinschulung war zwischen SPD und CDU wochenlang zäh verhandelt worden. Die CDU hatte sogar den 31. Juli als Stichtag gefordert. Die bildungspolitische Sprecherin der CDU, Hildegard Bentele, ist aber auch so zufrieden. „Der Normalfall wird wieder sein, dass Kinder mit sechs Jahren eingeschult werden, das ist ein sehr gutes Ergebnis.“ Jetzt habe man noch zwei Jahre Zeit, den Übergang zu gestalten. Denn wenn mehr Kinder länger in der Kita bleiben, werden mehr Plätze benötigt. An den Schulen wiederum könnten die Klassen in der Übergangszeit leerer bleiben. Wieviele Kitaplätze genau benötigt werden, ist noch unklar, es dürfte sich aber etwa in der Größenordnung von 5000 bis 8 000 Plätzen bewegen. 10 000 neue Plätze sollen in diesem Jahr ohnehin geschaffen werden, kündigte Scheeres an, die seien aber nötig, um den Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz für Kinder ab einem Jahr zu erfüllen.

Die Grünen-Bildungspolitikerin Stefanie Remlinger begrüßte die Reform, sie hat einen ganz ähnlichen Antrag mit dem gleichen Stichtag eingebracht. Haushalterisch sehe sie kein Problem wegen des nötigen Kitaausbaus: „Auch Grundschulplätze kosten Geld.“ Von einem „Knochen, den man der CDU hingeworfen habe“, sprach dagegen Martin Delius von den Piraten. Die Partei fordert stattdessen eine Flexibilisierung, so dass man Kinder auch mit vier oder acht Jahren einschulen könne. Kritik kommt auch von der GEW und vom Landeselternausschuss (LEA) für den Bereich Kita. Letztlich werde die Qualitätsfrage nur in die Kitas verschoben, wo ebenfalls Mangel herrsche, sagte Sigrid Baumgardt von der GEW. „Aus Sicht der Kita-Eltern ist es nicht gut gelaufen“, sagte Elternsprecher Norman Heise. Die Eltern sollten entscheiden – und die Schulen sollten sich an die Kinder anpassen und nicht umgekehrt.

Außerdem wurde auf der Senatsklausur beschlossen, dass knapp die Hälfte der freiwerdenden Bafög-Mittel (siehe Bericht oben) in den Schulbereich fließen werden. Zwölf Millionen Euro sollen zur Sanierung maroder Schultoiletten eingesetzt werden. „Ich habe herzlich gelacht, als ich das gehört habe“, sagt Grünen-Politikerin Stefanie Remlinger, und verweist darauf, dass die Bezirke einen Schulsanierungsbedarf von bis zu zwei Milliarden veranschlagen. Allein Mitte gebe einen Bedarf von 17,7 Millionen Euro allein für Toiletten an, in Tempelhof-Schöneberg seien es 14,5 Millionen. Scheeres stellte aber klar, dass es nicht bei den zwölf Millionen bleibe, die seien als Sofortprogramm 2015 anzusehen. Im Haushalt 2016/17 soll ein zusätzliches „Schultoilettensanierungsprogramm“ aufgelegt werden. In welcher Höhe, das sei noch unklar. Verwendet werden könnten möglicherweise Mittel aus dem Haushaltsüberschuss. „Immer neue Sonderprogramme nützen nichts“, sagt dagegen Remlinger. Die Mittelzuweisung an die Bezirke müssen reformiert werden. Aus einem Schreiben der Bildungsverwaltung an die Bezirksstadträte, das dem Tagesspiegel vorliegt, geht hervor, dass die Bezirke aufgefordert werden, ihre dringendsten Bedarfe für Sanitärsanierungen bis zum 19. Januar zu melden.

Und auf dieses Ergebnis ist Sandra Scheeres richtig stolz: 11 Millionen Euro für zusätzliche Lehrerstellen für die Integration in diesem Jahr konnte sie heraushandeln, im nächsten Jahr werden dafür 16 Millionen extra veranschlagt. Das Geld kommt ebenfalls aus den Bafög-Millionen. In diesem Jahr sollen davon rund 140 Lehrerstellen finanziert werden, im nächsten sollen es dann 250 sein. „Das ist ein entscheidender Schritt auf dem Weg zur Inklusion“, sagte Scheeres. Von einem Meilenstein und einer wichtigen Motivation, sprach Sybille Volkholz, die Vorsitzende des Inklusionsbeirats. „Die Erkenntnis greift, dass etwas passieren muss. Die Summe deckt aber nur rund die Hälfte des von uns konstatierten Bedarfs ab“, sagte dagegen die GEW-Vorsitzende Baumgardt.

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