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Berlin: Abschied von der Info-Box: Wo sie steht, wächst bald das Gras

Rund neun Millionen Besucher kamen in den letzten fünf Jahren, kletterten auf die Ausstellungsetagen oder stiegen ihr aufs Dach, um die Bauarbeiten am Potsdamer Platz zu beobachten. Nun sind die letzten Tage der Info-Box gekommen, der rote Kasten verabschiedet sich zum Jahresende.

Rund neun Millionen Besucher kamen in den letzten fünf Jahren, kletterten auf die Ausstellungsetagen oder stiegen ihr aufs Dach, um die Bauarbeiten am Potsdamer Platz zu beobachten. Nun sind die letzten Tage der Info-Box gekommen, der rote Kasten verabschiedet sich zum Jahresende. Vom 27. bis zum 29. Dezember ist die Box jeweils bis Mitternacht geöffnet, verspricht ab 19 Uhr für die Besucher ein abwechslungsreiches Programm. Am 30. Dezember wird mit 1000 Gästen Abschiedsparty gefeiert. Ab Neujahr sollen die Ausstellungen abgebaut werden, Ende Januar beginnt der Abriss, spätestens im April könnte Gras über die freie Fläche wachsen.

Die Info-Box sei zu einem der weltweit erfolgreichsten Kommunikationsprojekte geworden, sagte gestern Dirk Nishen, Betreiber des Austellungsbaus auf dem Leipziger Platz. Das Modell modernen Baustellenmanagements habe sich zum vielfach kopierten Berliner Exportschlager entwickelt. Und die Besucherzahlen stellten alle Erwartungen in den Schatten: Anstatt der geschätzten 350 000 im Jahr kamen 1,8 bis zwei Millionen. Schauten auf die Stadt, die zu ihren Füßen entstand. Für Berlin-Touristen galt ein Besuch in der roten Box als Muss.

Aber alle Begeisterung der Besucher hat das Ende der Kiste nicht abwenden können. Ihre Aufgabe, Stadtplanung am Ort zu erklären, ist erfüllt, neue Häuser wuchsen an die Box heran, und bald dürfte sie Baufahrzeugen im Weg stehen. Acht bis zehn Millionen Mark hätten ein Ab- und Neuaufbau gekostet, aber der Senat hat kein Geld und interessierte Investoren gibt es auch nicht. Der Alex böte sich als nächste Schau-Stelle an, aber dort müsste "vielleicht eine andere Formsprache" gefunden werden, vermutete Nishen. Ein Symbol wie die Info-Box lasse sich nicht so ohne Weiteres versetzen.

Nun verabschiedet sich die Box: Vom kommenden Mittwoch bis Freitag können sich die Abendbesucher an einer Online-Auktion beteiligen. Dabei werden 300 rote Teile aus der Fassade über das Internet versteigert, rund 7000 Gebote bis zu je rund 1200 Mark liegen schon vor. Der Erlös geht an das Bündnis gegen Rechts "Gesicht zeigen". Alle, die keinen Internet-Zugang haben, können an den drei Abenden mitbieten. Außerdem werden Eintrittskarten für die Farewell-Party verlost, bei der unter anderem "Die Jungen Tenöre" auftreten. An diesem Tag schließt die Box um 14 Uhr, um 18 Uhr beginnt dann die Abschlussparty, bei der die letzten sechs Fassadenelemente, unter anderem mit 50 prominenten Unterschriften, versteigert werden. Dann dreht sich zum letztenmal der Schlüssel.

Die Scheiben der Box waren schon gestern stellenweise sehr getrübt. Fensterputz lohnt offenbar nicht mehr. Wegen der hochgewachsenen Bauten ringsum ist es auch sonst düsterer geworden in der Box. Als das Stelzenhaus, ein Gemeinschaftsprojekt der Investoren am Potsdamer Platz, des Bundestags und des Senats, am 17. Oktober 1995 eröffnet wurde, war es ringsum licht und hell. Die Scheiben boten eine klare Sicht ins Weite: Wo jetzt Hochhäuser stehen, sah man Brachland, Kräne und einen Grundwassersee, auf dem Bauleute schipperten. "Lake Debis" nannten sie ihn, und am Ufer stand nur die rote Box.

Christian van Lessen

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