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Arbeitslosigkeit in Berlin: Abstieg West

Der Osten der Stadt überholt den Westen: Eine neue Statistik der Bundesagentur für Arbeit weist im Osten fast durchweg niedrigere Arbeitslosenzahlen aus.

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Eine neue Grenze verläuft durch die Stadt. Diesen Schluss legt ein Blick auf die aktuelle Arbeitsmarktstatistik nahe. Fast durchweg schneiden die früheren Ostbezirke dabei besser ab als die Westbezirke. Nur 11,7 Prozent Arbeitslose in Pankow, aber 15,3 Prozent in Reinickendorf; 12,4 Prozent Arbeitslose in Marzahn-Hellersdorf, aber 15,1 Prozent in Spandau; 11,3 Prozent in Treptow-Köpenick, aber 12,0 Prozent in Tempelhof-Schöneberg.

Uwe Mählmann, Sprecher der Berliner Arbeitsagenturen, relativiert die Unterschiede. „So groß ist die Bandbreite zwischen den Bezirken gar nicht“, sagt er. Sicher erkläre aber die Tatsache, dass in Pankow viele gut ausgebildete Personen leben, die mit 11,7 Prozent drittniedrigste Arbeitslosenquote der Stadt. Mählmann zufolge werden jedoch in den Berliner Arbeitsagenturen sowie in der Regionaldirektion keine Prognosen für einzelne Bezirke erstellt. Die Prognose für die Gesamtstadt sei aber positiv. „Wir erwarten 2011 für ganz Berlin einen Rückgang der Arbeitslosigkeit.“ Detaillierte Zahlen gibt es auch nicht für die Bezirke, die Ost und West zugleich waren, also Mitte und Friedrichshain-Kreuzberg. Ob hier der frühere Osten vorn liegt, also etwa Mitte vor Wedding, ist nicht bekannt.

Vergleicht man die Statistiken der vergangenen Jahre, fällt auf, dass Reinickendorf und Marzahn-Hellersdorf quasi die Plätze getauscht haben: Im Januar 2008 lag die Arbeitslosenquote in Reinickendorf bei 13,5 Prozent und in Marzahn-Hellersdorf bei 15,5 Prozent. Im Januar 2011 waren in Reinickendorf 15,3 Prozent aller Erwerbsfähigen arbeitslos – und in Marzahn nur noch 12,4 Prozent.

Die Wirtschaftsstadträte der beiden Bezirke können das erklären. „Marzahn-Hellersdorf ist als Wirtschaftsstandort erfolgreich“, sagt Stadtrat Christian Gräff (CDU). „Unsere Unternehmen mieten nicht mehr, sondern kaufen hier Immobilien. Entgegen unserem Image haben wir eine sehr gut ausgebildete Bevölkerung und Zuzug, besonders in die Siedlungsgebiete Kaulsdorf, Mahlsdorf und Biesdorf.“

Marzahn-Hellersdorf war lange der jüngste Bezirk mit einer hohen Jugendarbeitslosigkeit. Die Alterung hat diesen Prozess entschärft. Genau das Gegenteil ist in Reinickendorf der Fall: Dort wohnen mittlerweile überdurchschnittlich viele ältere Menschen. „Wir haben aufgrund des höheren Altersdurchschnitts weniger erwerbsfähige Arbeitskräfte. Unsere Quote ist deshalb höher“, sagt Wirtschaftsstadtrat Martin Lambert (CDU).

Am zweitbesten liegt Treptow-Köpenick. Pressesprecher Hans-Rainer Harder sagt: „Wirtschaftliche Entwicklung hat immer Einfluss auf die soziale Entwicklung“. In puncto Wirtschaft und Forschung habe sich der Bezirk sehr gut entwickelt.

Zwei Extreme fallen auf: Steglitz-Zehlendorf hat mit einer Quote von 10,5 Prozent mit Abstand den niedrigsten Wert der Stadt, und Neukölln ist das abgeschlagene Schlusslicht. Die Quote Neuköllns stagniert seit Jahren bei rund 20 Prozent.

Insgesamt sagen die Zahlen nicht zwingend etwas über die Wirtschaftskraft eines Bezirks aus – denn die wenigsten Berliner arbeiten in dem Bezirk, in dem sie wohnen. Arbeitslos meldet man sich aber im Wohnbezirk.

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