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Berlin: Absturz vor dem Reichstag: Pilot wollte sterben

Ermittler vermuten ein Familiendrama. Die Ehefrau des 39-Jährigen ist vermisst. Die Polizei sucht in Erkner nach ihrer Leiche

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Es war ein Selbstmord, kein Anschlag. Die Ermittler gehen jetzt davon aus, dass der 39-jährige Pilot Volker K. sein Ultraleichtflugzeug auf den Platz der Republik gesteuert hat, um sich das Leben zu nehmen. Innensenator Ehrhart Körting (SPD) bestätigte die Vermutung vom Freitagabend, wonach es für den Absturz vor dem Reichstag „keinen terroristischen Hintergrund“ gebe. Körting sagte, es gebe „keine absolute Sicherheit“ vor jemandem, der es darauf anlege, im Stadtgebiet ein Flugzeug abstürzen zu lassen.

Die Hintergründe des Absturzes lägen im „privaten Bereich“, hieß es gestern bei der Polizei. Seit dem 20. Juli wird die 36-jährige Ehefrau des Piloten aus Erkner (Brandenburg), Christiane K., vermisst. Die Kriminalpolizei Frankfurt (Oder) ermittelt deswegen. Demnach ist nicht auszuschließen, dass Volker K. seine Frau getötet hat. „Er wurde vor seinem Start in Eggersdorf von Kripo-Beamten vernommen“, sagte ein Ermittler dem Tagesspiegel. In einer Jauchegrube auf dem Grundstück der Familie K. hätten Polizeibeamte gestern erfolglos nach der Frau gesucht.

Die letzten Stunden des Piloten liefen wohl so ab: Mit seinem Sohn, der an diesem Samstag 15 Jahre alt wurde, ging er am Freitag um 17.55 Uhr in Eggersdorf an Bord seiner Ultraleichtmaschine der Marke „Roter Kiebitz“. Er landete dann gegen 19.50 Uhr auf dem Flugplatz in Strausberg, wo er seinen Sohn aussteigen ließ. Volker K. habe dem Jungen persönliche Dokumente sowie seine Autoschlüssel übergeben, sagte der Berliner Vize-Polizeipräsident Gerd Neubeck, zudem machte er „Andeutungen über einen Suizid “. Kurz vor acht Uhr flog der Pilot dann vom Flugplatz Strausberg in Richtung Berlin. Dort stürzte er um 20.29 Uhr auf der Rasenfläche vor dem Reichstag ab.

Der Pilot wurde circa zehn Meter aus dem in Flammen stehenden Flieger geschleudert. Die Reanimationsversuche der Helfer blieben erfolglos. Der Pilot starb am Unfallort. Die Kripo hatte nach dem Absturz Augenzeugen vernommen und ein Amateurvideo ausgewertet; demnach flog die Maschine an der nördlichen Seite der Kuppel eine Linkskurve, steuerte auf den Rasen zu und schlug senkrecht mit dem Bug auf dem Boden auf.

Am Reichstag sind die Absperrungen längst wieder aufgehoben. Es riecht noch immer nach verkohltem Plastik. Den ganzen Sonnabend über begutachteten Neugierige den schwarzen Fleck im Rasen – doch niemand betrat ihn.

Von Freunden und Nachbarn wurde der 39-jährige Todespilot gestern als „zuverlässig, freundlich und erfahren“ beschrieben. „Er war ein richtiger Familienmensch“, sagte Michael Hintzke, der mit ihm die Leidenschaft für die Ultra-Leichtflugzeuge vom Typ „Kiebitz“ teilte. „Oft kam er mit seiner Frau und seinen Kindern auf den Flugplatz.“ Neben dem Sohn gibt es eine 12-jährige Tochter.

Volker K. hatte sich seine neue „Kiebitz“ erst vor zwei Wochen gekauft. Zwischen 15000 und 20000 Euro kostet so eine Maschine. „Ich habe mich am Freitagabend noch sehr gewundert, dass Volker so spät an seiner Maschine werkelt“, sagte André Neubacher, der in der großen Flugzeughalle seinen eigenen Flieger abgestellt hatte. „Zuerst vermutete ich, dass er mit seinem Sohn eine kurze Flugplatzrunde dreht. Aber dann ist er einfach nicht wiedergekommen.“ Es sei einfach unfassbar, dass der Kumpel seinem Leben ein Ende bereitet hat.

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