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Berlin: Ach, Spontis! (Kommentar)

Wie brutal der Parlamentarismus mitunter sein kann, wissen wir spätestens seit Rudi Dutschke und der Apo. Generationen von Studenten machten sich seit 1968 an die Arbeit, die Mängel des parlamentarischen Systems aufzudecken.

Wie brutal der Parlamentarismus mitunter sein kann, wissen wir spätestens seit Rudi Dutschke und der Apo. Generationen von Studenten machten sich seit 1968 an die Arbeit, die Mängel des parlamentarischen Systems aufzudecken. Die Studenten leisteten gute Arbeit und waren stark. Allein, der Parlamentarismus war stärker. Als der revolutionäre Eifer in den 80ern zu erlahmen begann, nahm sich der Parlamentarismus die FDP vor. Er drangsalierte und demütigte sie und brach auch diesen, diesmal bürgerlichen Widerstand. Seither scharren die Liberalen wie ein geprügelter Hund an der Tür des Parlaments. Werden die Posten der Macht verteilt, gehen sie leer aus und hoffen doch immer, eines Tages in den erlauchten Kreis zurückkehren zu dürfen. Wie unerbittlich der Parlamentarismus sein kann!

Am Sonntag nun zeigte der Parlamentarismus seine ganze, diesmal tödliche Härte: gnadenlos meuchelte er die KPD/RZ, jene Spontipartei, die gerade an die Tore des Kreuzberger Rathauses geklopft hatte. Noch auf den Treppenstufen verschied die Anarcho-Partei, als ihr die Konsequenzen ihres Erfolgs klar wurden. Bezirksverordnete! Ausschuss-Sitzungen! Abstimmungen! Mitunter reicht bereits die Drohung, mit dem Parlamentarismus in Kontakt zu kommen, zu einer Kapitulation. Indes war das Ableben der KPD/RZ so voraussehbar wie der Verlauf einer tückischen Krankheit. Bereits bei der Kandidatur hatte sich die Patientin unwiderruflich infiziert. Natürlich wussten wir, dass der Parlamentarismus auch diese Schlacht gewinnen würde. Ach, Spontis. Nicht mal Euer Abschied kam überraschend.

Holger Stark

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