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ADEL berichtet FOLGE  44: Geiselnehmer gesucht

Stefan Stuckmann erzählt, wie unser Redaktionspraktikant Cedric zu Guttenberg die Stadt erlebt.

Mein Vermieter kann mir ja viel erzählen, aber schlimmer kann es hier ’45 auch nicht gewesen sein, also böllertechnisch. Zuerst denke ich noch: „Wahnsinn, der neue Subwoofer holt wirklich das Maximum aus meiner Mary-Poppins-DVD!“, aber dann bemerke ich plötzlich den Nudelsalat an der Decke und kann mich gerade noch schützend vor das Frank-Henkel-Poster werfen, als schon der nächste Polenböller von der Straße in Richtung Esstisch fliegt – diesmal ins Tiramisu. Als mein Jungdackel Taxi eine Minute später von der Toilette wiederkommt und mich komplett verschmiert vor den leeren Schüsseln unserer Festtagsvorräte sieht, schaut er mir enttäuscht ins Gesicht und schüttelt den Kopf. „Aber...“, will ich mich verteidigen, doch dann zucke ich schon wieder zusammen: der nächste Knall! Ein Böller? Nein, Taxis Zimmertür.

Zwei Stunden brauche ich anschließend, um Taxi meine Version der Geschichte glaubhaft zu machen – aber versuchen Sie mal, „We Can Work it Out“ auf der Blockflöte zu spielen, während Ihnen irgendwelche Hobbypyronauten ständig in den Takt sprengen.

So, und jetzt muss ich noch etwas schreiben, das mir der Chef eigentlich verboten hat. Aber, unter uns: Über Weihnachten ist sein Bauch so dick geworden, dass er alles unterhalb dieser Zeile sowieso nicht mehr sehen kann. Also: Jetzt gerade werden doch in Berlin ständig Banken überfallen. Und falls Sie auch schon mal in die Richtung überlegt haben, würde ich mich Ihnen gerne als seriöse Geisel anbieten. Ich habe – das wurde mir erst letztens beim Schneeballhinterhalt hier im Hof wieder vom Volontär bestätigt – einen sehr weiblichen Schrei, was vor allem im Umgang mit SEK-Beamten hilfreich ist, und außerdem beste Kontakte in die Leihwagenbranche. Einfach den Knebel aus meinem Mund nehmen, einen Anruf später steht der Fluchtwagen vor der Tür!

Einzige Bedingung wäre, dass ich nebenbei über meine Erfahrungen als Geisel twittern darf. Es geht einfach darum, dass ich nächstes Jahr in Sachen Karriere ruhig mal eine Spur bissiger rangehen möchte. Na ja, und bevor ich mich jetzt in Richtung Burn-out recherchiere, kann man die Sache doch auch proaktiv angehen. Und da kommen Sie ins Spiel. Genau, Sie da: mit der Strumpfmaske!

Wenn unsere Geiselnahme verfilmt werden sollte, möchte Taxi übrigens von Matthias Schweighöfer gespielt werden. Aber das ist natürlich Blödsinn. Wenn mich Christoph Waltz spielt, kommt das ja größenmäßig gar nicht hin!

Hochachtungsvoll,

Ihr

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