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Berlin: Äpfel und Birnen: Gute Behörde, schlechte Behörde

Finanzsenator Peter Kurth (CDU) schalt das Bezirksamt Pankow verschwenderisch bei den Sozialausgaben, und das Echo kam prompt: Dem Senator sei inzwischen offenbar jedes Mittel recht, um seinen Haushalt zu sanieren, sagte Sozialstadtrat Andreas Bossmann (PDS) gestern. Kurth hatte vorgerechnet, dass er bei den Sozialausgaben Einsparungen in dreistelliger Millionenhöhe für möglich halte.

Finanzsenator Peter Kurth (CDU) schalt das Bezirksamt Pankow verschwenderisch bei den Sozialausgaben, und das Echo kam prompt: Dem Senator sei inzwischen offenbar jedes Mittel recht, um seinen Haushalt zu sanieren, sagte Sozialstadtrat Andreas Bossmann (PDS) gestern. Kurth hatte vorgerechnet, dass er bei den Sozialausgaben Einsparungen in dreistelliger Millionenhöhe für möglich halte. Pankow habe, so lautete Kurths Kritik, mit rund 30 000 Sozialhilfeempfängern im vergangenen Jahr in etwa so viel Geld für soziale Leistungen ausgegeben wie Neukölln, das aber mehr als 60 000 Sozialleistungsempfänger hat. "Wir glauben auch nicht, dass diese Tatsachen sich alleine durch unterschiedliche Sozialstrukturen erklären lassen", bekräftigte gestern ein Sprecher der Senatsfinanzverwaltung.

Pankows Sozialdezernet warf Kurth ferner vor, Äpfel mit Birnen zu vergleichen. So musste Weißensee, das im Großbezirk Pankow aufgegangen ist, zentrale Aufgaben in der sozialen Gesundheitsversorgung für ganz Berlin bestreiten, wie etwa die Abrechnung von Schwangerschaftsabbrüchen. Bossmanns Verteidigung ging noch weiter: Gerade das Sozialamt Weißensee hat in den vergangenen Jahren durch den Einsatz zusätzlicher Mitarbeiter Geld gespart. Zehn Mitarbeiter seien eigens mit der intensiven Betreuung von Sozialhilfeempfängern betraut worden, die auf dem Arbeitsmarkt noch eine Chance haben. Dies habe innerhalb von 18 Monaten rund 3,5 Millionen Mark Einsparungen ermöglicht.

Auch das gelobte Neukölln findet den Vergleich "nicht angemessen", wie Kurths Parteifreunds und Sozialstadtrat Michael Freiberg formulierte. Auch wenn er die großen Differenzen bei den Sozialausgaben der Bezirke für erklärungsbedürftig halte, stünden aber Vergleichsdaten von Leistungen und Kosten noch aus. Ein Maßstab für andere Bezirke könne Neukölln nicht sein: "Wir werden seit Jahren als Stiefkind behandelt.

Kritik am Musterschüler Neukölln

Ob Stiefkind oder Musterschüler: Das Sozialamt Neukölln steht in der Kritik. Strittig ist die Arbeit des Sonderermittlungsdienst gegen Sozialhilfebetrug. Ärger gibt es wegen der Videokameras, mit denen die Behörde überwacht wird. Personalrat und Bezirksamt streiten fortdauernd über den richtigen Weg, die zunehmende Eskalationen zwischen Personal und Hilfeempfängern in den Griff zu bekommen. Der Krankenstand ist hoch. Wie berichtet, kritisieren die in der Sozialhilfeberatung tätigen Wohlfahrtsverbände in Neukölln fehlerhafte oder unterlassene Leistungen des Amtes für die Sozialhilfeempfänger.

Häufig komme es etwa vor, so berichtet die Sozialhilfeberaterin der Diakonie in der Gropiusstadt, Doris Laaß-Schweinfurt, dass sozialhilfeberechtigten Müttern die im Mutterschaftsgeld der Krankenkasse enthaltenen 600 Mark Erziehungsgeld von der Sozialhilfe abgezogen würden. In einem anderen, besonders gravierenden Fall hätten sich durch Rechenfehler des Amtes über mehrere Monate über 4000 Mark Rückstände angehäuft, die bis heute nicht gezahlt seien. Dabei zeige die Praxis, dass Fehler häufiger der Grund für fehlerhafte Zahlungen seien. Alleine in der Beratungsstelle in Gropiusstadt seien innerhalb von vier Monaten über 120 Widersprüche gegen Entscheidungen des Sozialamtes gezählt worden, bei denen die Hilfeempfänger schließlich vom Amt selbst Recht beschieden wurde, sagte die Diakonie-Mitarbeierin weiter.

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