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Helmut Richter wohnt seit 2012 in der Gitschiner Straße 38 und fühlt sich von der Hausverwaltung vernachlässigt.

© Sven Darmer

Ärger mit der Deutsche Wohnen: "Passen Sie auf, es riecht"

Immer wieder Deutsche Wohnen AG: In Kreuzberg klagen Bewohner einer Anlage von Berlins größtem Vermieter über Verwahrlosung.

Helmut Richter gibt eine Vorwarnung, bevor er die Tür zum Hausflur öffnet. „Passen Sie auf, es riecht“, sagt er. Dann geht er mit einem Besucher in den Flur, elfte Etage, Gitschiner Straße 38, Kreuzberg, ein nüchterner Wohnblock. Die U-Bahnstation Kottbusser Tor liegt rund 150 Meter weiter. Es riecht nach Urin, nicht beißend, aber deutlich genug. Dazu noch der Geruch eines scharfen Desinfektionsmittels. In einer Ecke liegen Papierreste, dunkle Flecken durchziehen den Boden.

Helmut Richter wundert sich weder über den Geruch noch über die Flecken. Er denkt ja, dass er den Grund kennt. „Hier übernachten Leute im Treppenhaus. Und dann gehen sie hier auch auf die Toilette.“ Er hat sie selber schon gesehen, Obdachlose, Junkies, sonstige Leute, die hier herum hängen. Er wohnt seit Oktober 2012 mit seiner Frau in diesem Wohnblock, er hatte gehofft, er komme in eine ruhige Umgebung, schließlich war er schon 80 Jahre alt, als er in den elften Stock zog. „Ich hatte nicht daran gedacht, dass ich mit 85 Jahren noch ständig Beschwerdebriefe schreiben muss.“ Sein Verdacht: Das Haus werde aus Kostengründen unzureichend gepflegt.

Und da kommt der Eigentümer ins Gespräch. Eigentümer ist die früher landeseigene GSW, und die gehört inzwischen der Deutsche Wohnen AG. Das Unternehmen ist nicht bloß Berlins größter Vermieter mit fast 100 000 Wohnungen, sondern auch sehr umstritten. Weil die Deutsche Wohnen gegen Mieter prozessiert, weil sie den Mietspiegel infrage stellt und mit Sanierungen Mieter brüskiert. Einmal tauchten mehrere Dutzend Demonstranten vor der Firmenzentrale auf und skandierten: „Keine Renditen mit unseren Mieten!“

Die Heizungen ließen sich nicht abstellen

Seit 2015 ist die Deutsche Wohnen auch Vermieter von Helmut Richter und seiner Frau. „Die Deutsche Wohnen“, sagt Reiner Wild, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, „hat ein klar strukturiertes Facility Management. Bei Objekten, an denen sie kein großes Interesse hat, ist sie bei der Mängelbeseitigung sehr zurückhaltend.“ Und die Gitschiner Straße 38, diese „ausgesprochen schwierige Wohngegend“ (Wild), ist schwer weiter zu verwerten.

Den letzten ausführlichen Beschwerdebrief hat Richter Anfang Juli geschrieben, acht weitere Mieter haben mitunterzeichnet. Ein Auszug: Die Böden würden schlecht geputzt, der Dreck werde nur breit gewischt, der Müllabwurfraum auf der elften Etage sei seit Anfang Juni nicht mehr geputzt worden. „Hier muss man sich ja schämen, wenn Besuch kommt, so dreckig ist es hier.“

Die Heizungen würden, „wenn die Außentemperatur etwas runter geht“, beheizt. Die Heizungen liefen auf Hochtouren und ließen sich nicht mehr abstellen. Seit Monaten befänden sich unter der Treppe „Hinterlassenschaften von Obdachlosen/Drogenabhängigen, die diesen Bereich für ihre Bedürfnisse genutzt haben oder nützen.“ Einen eigenen Hausmeister für dieses Gebäude gebe es auch nicht mehr.

Zustände sind besonders schlimm

Vor wenigen Tagen fand Richter in der vierten Etage Spritzbesteck von Drogenabhängigen. Und im Müllabwurfraum überrascht er ab und zu Leute, die dort übernachten. In der Gitschiner Straße 38 wohnen viele ältere Menschen, für die sind die Zustände besonders schlimm.

Beim Berliner Mieterverein ist die Adresse durchaus bekannt. Helmut Richter ist Mitglied des Vereins, er hatte im November 2016 eine „Einstweilige Verfügung“ des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg erwirkt. Die Heizung hatte eine Zeitlang unzureichend funktioniert, erst auf Druck des Gerichts wurde Richters Wohnung angemessen warm.

Als das Ehepaar Richter in die Gitschiner Straße 38 zog, da wurde die Wohnanlage in einem Prospekt so beschrieben: „Hauswarte betreuen die Wohnanlage, sorgen regelmäßig für Ordnung und Sauberkeit.“ Im Mai 2017 schrieb Richter in einem Beschwerdebrief: Das Treppenhaus sei „von der zwölften Etage bis zum Ausgang komplett verdreckt, genauso wie die Übergänge zum Treppenhaus. Es ist auf fast jeder Etage uriniert worden.“

Auf Anfrage des Tagesspiegel teilt Marko Rosteck, Pressesprecher der Deutsche Wohnen AG, mit: „In der Tat mussten wir in der Vergangenheit unseren Dienstleister auf die Einhaltung seiner vertraglich zugesicherten Leistungen hinweisen. Dies werden wir nun in aller Ausdrücklichkeit noch einmal tun. Die Reinigung des Gebäudes erfolgt einmal wöchentlich.“

Immer wieder kommen Fremde ins Haus

Zu den heißen Heizkörpern in den Fluren erklärt Rosteck: „Die Beschwerde kann sich nur auf den Sommer 2016 beziehen. Damals wurde verspätet auf Sommerbetrieb umgeschaltet, und die Heizung lief tatsächlich bis in den Sommer hinein. Da die gesamte Heizungsanlage zu störanfällig war, haben wir den Heizkessel komplett erneuert. Seit Anfang 2017 läuft die Anlage einwandfrei und uns liegen keine Beschwerden vor.“ Beim Thema Müll könne das Unternehmen „auch immer nur an die Mieter appellieren, sich ordnungsgemäß und der Hausordnung entsprechend zu verhalten“. In Kreuzberg gibt es da Probleme, bei denen „alle ansässigen Wohnungsunternehmen an ihre Einflussgrenzen geraten“.

Und was die Drogenabhängigen betreffe: „Der von uns beauftragte Sicherheitsdienst bestreift täglich ab 18 Uhr das Gebiet. Leider kommen immer wieder Fremde ins Haus aufgrund der automatisch schließenden Tür, die sich nur langsam schließt.“ Derzeit werde geprüft, „ob die zweite Eingangstür umgebaut werden kann und diese als eine Art Schleuse fungieren kann“. Ansonsten müssten in erster Linie die Mieter dafür sorgen, dass keine Fremden in das Haus kommen.“ Helmut Richter hat vor kurzem eine Nachricht der Deutsche Wohnen erhalten. Sie kündigte eine Generalreinigung an.

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