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Ärger ums Schulessen in Berlin: Schulen stimmten über Caterer ab - und wurden oft ignoriert

Das Verfahren bei der Vergabe des Schulessens verursacht bei Schulen und Caterern heftige Kritik. Zwar durften Lehrer und Schüler darüber abstimmen, von welchem Caterer sie beliefert werden möchten. Doch in vielen Fällen wurde dieses Votum ignoriert.

Von „komplett paradox“ bis „äußerst problematisch“ reichen die Kommentare von Berliner Eltern über das neue Verfahren bei der Auftragsvergabe zum Schulessen. Nachdem durch Recherchen des Tagesspiegels bekannt wurde, dass ab Februar rund 30 Schulen nicht vom gewünschten Caterer versorgt werden, ist insbesondere die Rolle der Ersatzjurys in die Kritik geraten. Als Erstes hat sich der Bezirkselternausschuss Steglitz-Zehlendorf mit der Kritik befasst.

Hier ist der Ärger besonders groß, weil sich die John-F.-Kennedy-Schule sorgfältig auf die Essensverkostung vorbereitet hatte, um dann von der Ersatzjury des Bezirksamtes überstimmt zu werden. „Da geht ein Aufschrei durch die Schule“, beschreibt Gesamtelternsprecherin Katja Hippler-Gromis die Empörung. Sie fragt sich, warum eine mit den Gegebenheiten nicht vertraute Jury mehr Gewicht haben soll als die zur Schule Gehörenden. „An dem Verfahren kann etwas nicht stimmen“, steht für die Elternvertreterin fest.

Wie berichtet, wird das Schulvotum ignoriert, wenn es zu stark vom Votum der neutralen Bezirksjury abweicht. Mit dem Ausbremsen mutmaßlich voreingenommener Schulvertreter soll dem Vergaberecht genüge getan werden. Zwar wurden die Schulen vorher über diese Vorschrift informiert und waren bemüht, taktisch kluge Voten abzugeben. Selbst sorgfältig vorbereiteten und akademisch gebildeten Schulvertretern ist es häufig nicht gelungen, diese Klippe des Vergabeverfahrens zu umschiffen, was an einem komplizierten Punktesystem liegt.

Auch Votum vieler Schüler zählt nicht

Die Schulen kritisieren zudem das Zustandekommen der Ersatzjurys. Denn in einigen Bezirken wird berichtet, dass die Mitglieder der Ersatzjurys „irgendwie zusammengesucht“ wurden. „Es kam dann mit, wer gerade Zeit hatte“, erzählt ein Mitarbeiter. Im Gegensatz dazu seien die Schuljurys bestens informiert gewesen. Das Ganze sei auch für die Schüler eine „schlechte Erfahrung“, die bei den Probeverkostungen mitgemacht haben, bedauert Elternsprecherin Hippler-Gromis. Jetzt müssten sie erfahren, dass ihr Votum gar nicht zähle, sondern wegen Formalitäten ausgehebelt werde.

„Wir wollten, dass jede Schule den Caterer, den sie haben will, unbürokratisch bekommt. Das hätte man sicher besser lösen können – mit einem Verfahren, das verständlich ist“, kritisiert auch Rolf Hoppe, Geschäftsführer beim Anbieter Luna und Sprecher des Berliner Catererverbandes. Cornelia Partmann von der AG Schulessen des Landeselternausschusses bedauert, dass Berlin sich nicht an Hamburg orientieren wollte, wo es für Eltern mehr Mitspracherecht und einkommensgestaffelte Beiträge gibt.

Caterer verliert durch Verfahren viele Aufträge

„Extrem unzufrieden“ ist auch die Grundschule am Kollwitzplatz. Sie wollte unbedingt ihren Caterer „Drei Köche“ behalten und bekommt einen anderen. „Er hatte mehr Punkte für den Bioanteil und die Warmhaltezeiten bekommen“, erläutert Schulleiterin Janett Hartig. Sie hält das Verfahren für „fehlerhaft“, weil die Kompetenz der Schule untergraben werde. Es müsse zudem mehr Transparenz geben. Die „Drei Köche“ hat es besonders hart getroffen. Geschäftsführer Klaus Kühn hat sich mit einem bitteren Brief an die Bildungsverwaltung gewandt, nachdem er durch das neue Verfahren viele Aufträge verloren hat.

Kritik kommt auch aus Sonderschulen. Hier haben sich zum Teil keine oder nur schwache Caterer beworben, weil die Aufträge nicht lukrativ sind. Ein Grund besteht darin, dass nur Grundschulportionen bezahlt werden, obwohl an den Sonderschulen auch Jugendliche unterrichtet werden, die zum Sattwerden wesentlich größere Portionen brauchen als Grundschulkinder. Die Schulkonferenz der Helene-Haeusler-Schule in Pankow hat daher an den Bezirk appelliert, sie aus dem jetzigen Verfahren herauszulösen, berichtet Gesamtelternsprecher Severin Höhmann. Die zwei einzigen Anbieter seien nicht akzeptabel. Wie berichtet, sind insgesamt 45 Schulen sogar ganz ohne Bieter geblieben.

„Jetzt ist es wichtig, dass das ganze Verfahren ausgewertet wird“, appelliert Elternvertreterin Cornelia Partmann an die Behörden.

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