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Berlin: Ärzte hielten Vergewaltiger für ungefährlich Der geflohene Serientäter Pints galt als

erfolgreich therapiert. Er bleibt verschwunden.

Die öffentliche Fahndung nach dem am 3. Mai ausgebrochenen Serienvergewaltiger Frank Pints hat die Polizei gestern nicht weitergebracht. Es seien bislang etwa 20 Hinweise eingegangen – die Anrufer wollen Pints in Schweden oder am 1. Mai in Kreuzberg gesehen haben. Eine auch nur lauwarme Spur habe sich nicht ergeben. Wie berichtet, war die Flucht des 42Jährigen aus dem Maßregelvollzug der Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik erst am Dienstag bekannt geworden. Die Polizei verteidigte dies gestern – denn die Gesundheitsverwaltung habe Pints als ungefährlich eingestuft. Deshalb wurde die Öffentlichkeit in diesem Fall nicht eingeschaltet, sagte Bernhard Seltsam, Kommissariatsleiter in der Fahndungsabteilung des Landeskriminalamtes. „Wir haben jeden Tag Fälle, dass Häftlinge mit Vollzugslockerungen nicht zurückkommen“, sagte Seltsam. Eine öffentliche Fahndung sei oft sogar kontraproduktiv, da sich der Gesuchte, „wenn er sich verfolgt fühlt“, häufig gar nicht mehr in die Öffentlichkeit traue oder sich sogar absetze. Im Fall Pints sei die Polizei am Dienstag nur an die Öffentlichkeit gegangen, weil eine Boulevardzeitung an diesem Tag von der Flucht berichtet hatte – mit einem falschen Foto. Seltsam betonte, dass die Öffentlichkeit sofort informiert worden wäre, wenn Pints als gefährlich eingestuft worden wäre. In einem solchen Fall könne die Gesundheitsverwaltung selbstständig vor einem Geflohenen warnen, sagte Kommissar Seltsam.

Die Sprecherin der Senatsgesundheitsverwaltung, Roswitha Steinbrenner, erklärte: „Wenn er im Strafvollzug wäre, dann wäre Pints schon seit Jahren wieder in Freiheit.“ Pints war 1989 zu 13 Jahren Haft und der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus verurteilt worden. Deshalb ist er nicht Häftling, sondern Patient. Auch für Kranke gilt aber das Strafvollzugsgesetz, und das sieht vor, dass der Gefangene auf ein Leben in Freiheit vorbereitet werden soll. Bei günstiger Prognose bedeutet das auch, dass der Vollzug stufenweise gelockert wird. „Der Mann hat seit vier Jahren Vollzugslockerungen, und er kam immer wieder zurück“, sagte Steinbrenner. „Er ist seit seiner Verurteilung nicht mehr wegen sexueller Straftaten aufgefallen. Und er ist ja auch therapiert worden.“

Über Vollzugslockerungen entscheidet eine Kommission aus Ärzten und Mitgliedern einer Strafvollstreckungskammer. Sie treffen stets Prognose-Entscheidungen, das heißt, sie bewerten die bisherige Entwicklung des Gefangenen, um daraus Schlüsse für die Zukunft zu ziehen. Aus- und Freigänge werden nur selten missbraucht. Bei normalen Häftlingen kann davon ausgegangen werden, dass sie das Unrecht ihrer Tat einsehen, den Sinn von Strafe verstehen und sich an eine getroffene Verabredung halten. „In der Forensik ist eine solche Entscheidung schwieriger, weil hier die Frage ist, ob der Gefangene die Situation überhaupt versteht“, sagte Justiz-Sprecherin Andrea Boehnke.

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