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Berlin: Ärzte in Berlin: Mund auf, Zunge raus

Das Vertrauensverhältnis zwischen Patienten und Ärzten ist in vielen Fällen gestört. Denn die Budgets sind knapp und damit auch die Zeit, die niedergelassene Mediziner den Kranken widmen: Ein Zwei-Minuten-Takt beim Hals-Nasen-Ohrenarzt muss heute als normal gelten.

Das Vertrauensverhältnis zwischen Patienten und Ärzten ist in vielen Fällen gestört. Denn die Budgets sind knapp und damit auch die Zeit, die niedergelassene Mediziner den Kranken widmen: Ein Zwei-Minuten-Takt beim Hals-Nasen-Ohrenarzt muss heute als normal gelten. Mund auf, Zunge raus, Kopf nach hinten, ein Blick auf die Schleimhäute. Und wenn das Rezept ausgestellt wird, gibt es oft schon wieder eine Enttäuschung: Auch akut kranken Kassenpatienten werden hochwirksame Antibiotika nicht selten vorenthalten. Da kommt der Ratgeber "So finden Sie Ihren Arzt in Berlin. Wer hilft wann?" wie gerufen.

Zu den Kriterien für die Arztwahl zählen die Herausgeber folgende Frage: "Nimmt sich der Arzt Zeit für das Gespräch? Ist er interessiert an Ihrer Lebens- bzw. Arbeitssituation, oder will er nur rasch ermitteln, wo es wehtut?" Genau das würde man von seinem Hausarzt oder vom Facharzt erwarten, der die landläufigen Zipperlein wie Dauerschnupfen, Rückenschmerzen oder Magenbeschwerden behandelt. Aber gerade solche Empfehlungen kann das Nachschlagewerk kaum geben. Schon in den Vorbemerkungen weisen die Autoren darauf hin, dass beispielsweise im Abschnitt "Chronische Nebenhöhlenentzündungen" keine Ärzteempfehlungen erwartet werden dürften. Die Behandlung dieser Erkrankung sei "das tägliche Brot aller Hals-Nasen-Ohren-Ärzte". In der Praxis bedeutet das allerdings oft: Solche Routinefälle werden abgetan und nicht gründlich therapiert.

Das Grundproblem des Buches ist, dass die meisten Empfehlungen für die Behandlung schwererer Fälle wie Neurodermitis oder Gallensteine oder schwerste Erkrankungen wie Schlaganfall oder Hirntumore gelten, die Klinikaufenthalte erforderlich machen. Die meisten genannten Ärzte sind an Unikliniken oder städtischen Krankenhäusern tätig. Bei den wenigen genannten niedergelassenen Kassenärzten wird gleich vor langen Wartelisten gewarnt.

Die Konzentration bringt den Ratgeber auf griffige 176 Seiten, macht ihn aber für einen allmählichen Wiederaufbau eines vertrauensvollen Verhältnisses zwischen Arzt und Patienten wenig hilfreich. Was der Ärzte-Führer zu allen Fachgebieten bietet, sind Beschreibungen der Krankheitsbilder und - zusätzlich zu Angaben über die Fachärzte - oft auch Anschriften von Selbsthilfegruppen für chronisch Kranke.

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