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Berlin: Ärzte-Streik: Moderate Proteste

"Wir haben Notfallsprechstunde für Patienten mit Schmerzen", sagt die Helferin einer Hals-Nasen-Ohrenarztpraxis in der Grundwaldstraße (Steglitz). Ansonsten sei die ganze Woche "nur für Privatpatienten" geöffnet.

"Wir haben Notfallsprechstunde für Patienten mit Schmerzen", sagt die Helferin einer Hals-Nasen-Ohrenarztpraxis in der Grundwaldstraße (Steglitz). Ansonsten sei die ganze Woche "nur für Privatpatienten" geöffnet. Aber nach Hause geschickt wurde gestern niemand. Und wer schon einen Termin hatte, durfte auch als Kassenpatient kommen. So moderat begann gestern in vielen Berliner Arztpraxen die Protestwoche, zu der der Aktionsrat der Berliner Kassenärzte für diese Woche aufgerufen hat.

Urologen, Augen- und Nervenärzte und ambulante Operateure wollten "zu hundert Prozent mitmachen", sagte Anton Rouwen vom Berliner Aktionsrat gestern. Das habe eine Umfrage unter den Facharztverbänden ergeben. Eine Stichprobe in Prenzlauer Berg. Augenärztin Svetla Ahrens schließt ihre Praxis nur am Mittwoch und am Freitag. Am Montag, Dienstag und Donnerstag öffnet sie von 8.30 bis 13 Uhr und am Donnerstag zusätzlich von 15 bis 18 Uhr. "Bis jetzt", sagt Frau Ahrens, "reagieren die Patienten gut."

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So haben es auch die Telefonisten des ärztlichen Bereitschaftsdienstes der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) erlebt. Allerdings seien die Patienten durch den angekündigten "Streik" sehr verunsichert. Rund 700 Anrufer fragten bis zum Mittag nach geöffneten Praxen - nachdem sie bis zu zehn Minuten in der Warteschlange gehangen hatten. Die KV rate Versicherten deshalb, zuerst bei ihrem Haus- oder Facharzt anzurufen: Allgemein- und auch Kinderärzte hätten ohnehin kaum eingeschränke Öffnungszeiten angekündigt, Fachärzte teilen auf ihren Anrufbeantwortern mit, wann sie schließen wollen.

Der Vorsitzende der Berliner KV und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Manfred Richter-Reichhelm, betonte gestern noch einmal, dass die Protestwoche vom Aktionsrat der Kassenärzte organisiert worden sei. Die KV hat nämlich darüber zu wachen, dass die Kassenärzte ihren Versorgungserträgen mit den Kassen nachkommen. Weil es nach dem Wechsel an der Spitze des Bundesgesundheitsministeriums aber "noch keine konkreten" Fortschritte gebe", habe er Verständis, "dass die Basis auf die Straße geht", sagte Richter-Reichhelm. Auch in Ostdeutschland prostestieren die niedergelassenen Ärzte in dieser Woche. In den neuen Ländern stünden für die ambulante medizinische Versorgung nur 77 Prozent der sogenannten Kopfpauschalen zur Verfügung, sagte Martin Link, Sprecher des ostdeutschen Ärzte-Aktionsrats.

In einem Gespräch mit Ministerin Ulla Schmidt (SPD) wollten sich Vertreter der Berliner und ostdeutschen Ärzteverbände am gestrigen Abend noch einmal für eine allmähliche Angleichung der Kopfpauschalen und für das Wohnortprinzip einsetzen, nach dem Kassen mit Sitz im Osten für ihre in den alten Ländern lebenden Mitglieder Westpauschalen bezahlen sollen. Außerdem verlangen die Ärzte individuelle Richtgrößen bei der Arzneimittelverordnung.

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