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Berlin: Ärzte-Vereinigung: Wartezeiten werden länger

Mediziner machen Unterfinanzierung der Praxen verantwortlich. Patientenbeauftragte fordert versicherungsunabhängige Behandlung

Aus der Sicht von Berlins Patientenbeauftragter Karin Stötzner werden gesetzlich versicherte Patienten beim Arztbesuch häufig benachteiligt. „Wir haben den Eindruck, dass gesetzlich Versicherte oft länger warten müssen als Privatpatienten“, sagt Stötzner, die Beschwerden von Patienten entgegennimmt. Sie werde die Fälle in Absprache mit der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) klären. Weitere Druckmittel habe sie aber kaum. Wer sich von seinem Arzt benachteiligt fühlt, solle sich auch an die Krankenkasse wenden. Termine müssten nach medizinischem Handlungsbedarf vergeben werden, nicht nach Versicherungsstatus.

Erst kürzlich hat eine Studie des Wissenschaftlichen Instituts der AOK deutlich gemacht, dass gesetzlich versicherte Patienten bei der Terminabsprache mit niedergelassenen Ärzten offenbar regelmäßig benachteiligt werden. Den Erhebungen zufolge musste jeder vierte Kassenpatient trotz Beschwerden mehr als zwei Wochen auf einen Termin warten. Bei privat Versicherten war es hingegen nur jeder Zwölfte. Diese Unterschiede gelten laut Studie auch für Vorsorgeuntersuchungen, was ernste Folgen haben kann: Die Heilungschancen bei Krebs hängen beispielsweise von der rechtzeitigen Entdeckung des Tumors ab. Auch Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) hatte im Tagesspiegel kritisiert, dass gesetzlich versicherte Patienten oft lange auf einen Termin warten müssten. Die Ministerin forderte Verbesserungen.

Viele der 6300 Berliner Kassenärzte fühlen sich zu Unrecht beschuldigt: „Mehr als 90 Prozent der Patienten bekommen innerhalb einer Woche einen Termin“, sagt Annette Kurth von der KV. Trotzdem müssten viele Patienten heute länger als vor einigen Jahren auf einen Termin warten. Es gebe klare Unterschiede in den Angeboten für Kassen- und Privatpatienten. Schuld daran sei jedoch die Unterfinanzierung der Arztpraxen: Nur zwei Drittel der Leistungen für gesetzlich Versicherte würden von den Krankenkassen vergütet. In Deutschland seien die Wartezeiten aber noch vergleichsweise kurz. In den Niederlanden müssten Patienten oft Monate auf eine Behandlung warten.

„Es ist schwer zu beurteilen, wann ein Patient zu lange warten musste“, sagt Detlef Natusch von der Techniker Krankenkasse (TK). Andere Kassen bestätigen: Es gebe keine gesetzliche Wartefrist, sondern nur das Recht auf angemessene Behandlung. Wer ohne Angabe eines Grundes länger warten müsse als Patienten mit ähnlichen Beschwerden, sollte sich bei seiner Krankenkasse melden.

Beschwerde- und Beratungstelefonnummern der Krankenkassen: TK 0180-285 8585, Barmer 0185-0044 3188, AOK 0180-224 6465. Patientenbeauftragte: 030-9028 2010

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