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Berlin: Afrikaner sprang vor der Polizei in den Tod

Der 39-jährige Mosambikaner sollte wegen einer nicht bezahlten Geldstrafe verhaftet werden

Ein mit Haftbefehl gesuchter Mann ist am Sonntagabend aus Angst vor der Polizei aus einem Fenster im siebten Stock gesprungen und Stunden später an seinen Verletzungen gestorben. Gegen den 39-jährigen Mosambikaner lag ein Haftbefehl der Staatsanwaltschaft vor zur Vollstreckung einer nicht bezahlten Geldstrafe wegen Schwarzfahrens in Höhe von 690 Euro, ersatzweise 30 Tage Haft.

Gegen 20.15 Uhr hatten zwei Polizisten in zivil an der Wohnungstür des Mannes in einem Hochhaus an der Landsberger Allee geklingelt. Die beiden Beamten riefen mehrfach vergeblich „Bitte öffnen, Polizei“, da sie Geräusche und Stimmen hörten. Zuletzt kündigten sie durch Rufen an, einen Schlüsseldienst zu holen. Der Angestellte eines privaten Schlüsseldienstes begann gegen 21 Uhr die Tür im siebten Stock zu öffnen. Kurz nachdem er den Bohrer angesetzt hatte, wurde die Haustür aufgerissen. Eine 44-jährige Brasilianerin wies hektisch zum Wohnzimmerfenster, dort sei ihr Bekannter gerade hinausgesprungen. Die beiden Beamten sprinteten vergeblich zum Balkon – aus gut 20 Metern Höhe sahen sie den Mann in einer Grünanlage liegen. Die Zivilpolizisten vom Abschnitt 61 riefen einen Notarzt und kümmerten sich anschließend um den Schwerverletzten. Es half nichts – der Afrikaner erlag gegen Mitternacht auf der Intensivstation seinen Verletzungen.

Die Brasilianerin gab in einer ersten Befragung bei der Polizei zu Protokoll, sie sei bei dem Mann zu Besuch gewesen, um mit ihm zu Abend zu essen. Als sie die Rufe der Polizei hörten, sei der 39-Jährige nervös geworden, obwohl er keine Abschiebung fürchten musste. Plötzlich habe er das Fenster geöffnet und sei hinausgesprungen, obwohl sie ihn durch einen Zuruf noch davon abbringen wollte. Die beiden waren kein Paar, sondern „kannten sich um ein paar Ecken“, sagte ein Beamter am Montag. Nach Angaben der Polizei lebte der Mann seit DDR-Zeiten legal in Berlin, er hatte eine Arbeitserlaubnis bis 2006. Wieso er wegen 690 Euro derart in Panik geriet, dass er sich aus großer Höhe vom Balkon stürzte, bleibt rätselhaft. Für die Polizei ist der Mann ein „völlig unbeschriebenes Blatt“. Hätte der Afrikaner die Geldstrafe bei den beiden Polizisten bezahlt, wäre er am Sonntagabend noch nicht einmal verhaftet worden.

Die Vollstreckung eines Haftbefehls zu abendlicher Stunde – der ARD-Tatort hatte gerade begonnen – ist nach Angaben der Polizei völlig normal. Wenn es keine aktuellen Einsätze gibt, versuchen Beamte der einzelnen Abschnitte vorliegende Haftbefehle zu vollstrecken. Dabei sind in den vergangenen Jahren mehrere Menschen aus Angst aus dem Fenster gesprungen oder beim Fluchtversuch über Regenrinnen abgerutscht. Erst im August stürzte sich eine 25-jährige Vietnamesin, die sich illegal in Berlin aufhielt, aus dem dritten Stock; sie überlebte schwer verletzt. Wie auch ein 17-jähriger Kurde, der im November 2000 aus dem zweiten Stock gesprungen war. Polizisten hatten während der Verfolgung mit gezückten Pistolen eine Charlottenburger Psychotherapeutenpraxis gestürmt. 1998 stürzte in Wilmersdorf ein 34-Jähriger, gegen den ein Haftbefehl wegen nicht bezahlter Geldstrafen vorlag, von der Dachrinne ab. Er erlitt schwere Verletzungen.

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