zum Hauptinhalt

Berlin: Aggressiver Pitbull-Halter stach Radler nieder

Angeklagter bestritt die Tat vor Gericht, Zeugen blieben wortkarg. Zahl der Hundeangriffe nimmt trotz spektakulärer Bissvorfälle ab

Es war eine berechtigte Forderung: „Leinen Sie den Hund an“, verlangte die Frau, als ihr ein Pitbull vors Rad gelaufen war. Ihr Verlobter wollte ihr helfen, als der Kampfhund-Besitzer und dessen Begleiter ausfallend wurden. Wenig später lag der 35-Jährige lebensgefährlich verletzt am Boden. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft war es Karzan M., der ein Messer zog und Oliver Z. in den Bauch stach. Seit gestern muss sich der 27-Jährige wegen versuchten Totschlags vor Gericht verantworten.

Der Vorfall ereignete sich am 9. Juli vorigen Jahres. Der Neuköllner Z. und dessen 40-jährige Verlobte waren an jenem Sonntagabend mit Fahrrädern auf der Hermannstraße unterwegs. Die Fahrbahn war wegen Bauarbeiten eingeengt. Plötzlich tauchte ein unangeleinter Pitbull auf. Nur knapp konnte die Frau einen Sturz verhindern. Daraufhin sprach sie den Besitzer des Hundes an. Dieser aber soll sofort handgreiflich geworden sein. Zunächst habe Karzan M. mit der Hundeleine Richtung Z. geschlagen, dann ein 14 Zentimeter langes Wurfmesser gezogen, hieß es in der Anklage.

Neben Karzan M. sitzt nun sein zwei Jahre jüngerer Bruder mit auf der Anklagebank. Karwan M. soll Z. mit der Faust geschlagen haben. Zu den Vorwürfen aber wollten sich die aus dem Irak stammenden Brüder nicht weiter äußern. Lediglich der Ältere meinte, dass er mit der Sache nichts zu tun habe. Einer der Verteidiger erklärte am Rande des Prozesses, dass die Angeklagten gar keinen Hund hätten.

Auf unglaubliche Vergesslichkeit und auf Schweigen stießen die Richter bei der Befragung der ersten beiden Zeugen. Die 23 und 26 Jahre alten Freunde hatten die mutmaßlichen Täter zwar gesehen und mit ihnen gesprochen. Der eine aber hat die Begegnung angeblich fast vergessen. Ob er Angst habe, fragte ihn der Vorsitzende Richter. „Ich will nur nichts Falsches sagen“, meinte der Zeuge. Und sein Kumpel erklärte: „Ich sage nichts, ich könnte mich selbst belasten.“ Auch er habe einen Kampfhund und sei von Nachbarn als möglicher Täter ins Spiel gebracht worden. Der Prozess wird am 30. Januar fortgesetzt.

Zwar nimmt die Zahl der Hundeangriffe in Berlin seit Jahren ab – 1999 waren es 1800 Fälle, 2005 nur noch knapp 900. Dennoch kommt es immer wieder zu spektakulären Zwischenfällen. Vergangenen Sommer hatte ein Kampfhund einen Polizisten verletzt, im November biss ein unangeleinter Pitbull einem kleinen Jungen einen Finger ab. Wenig später mussten Beamte in Grünau ein Tier in Notwehr erschießen. Kampfhunde müssen grundsätzlich angeleint sein.

Kerstin Gehkre

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false