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Berlin: Ahorn statt Asphalt: Der Tiergarten wächst

Die Entlastungsstraße wird abgerissen. Das Provisorium bestand fast 45 Jahre

Spaziergänger und Radfahrer gucken schon neugierig, ob die Straße bereits grün ist. Ist sie nicht, aber ramponiert und aufgerissen. Die Gärtner müssen bis Herbst auf den großen Einsatz warten. Noch rollen Lastwagen vom „Asphalt- Beton-Service“, die den Belag abtragen. Die Stadt entlastet sich von der Entlastungsstraße, macht sie wieder zum Tiergarten.

Wenn das Straßenstück zwischen Kemperplatz und der Straße des 17. Juni bepflanzt ist, sind aus der einstigen Entlastungsstraße insgesamt 46 000 Quadratmeter Tiergarten mehr geworden. In drei Wochen soll der 35 000 Euro teure Straßenabriss beendet sein, dann werden 32 Linden, Ahornbäume und Eichen gepflanzt, allein 4000 Quadratmeter in Rasen und Wiesen am „Floraplatz“ verwandelt. Rund 395 000 Euro kostet das neue Grün. Die Straße hätte man auch für Notfälle (etwa im Tunnel) nicht offen halten können, weil sie direkt auf den Tunneleingang gestoßen wäre, sagt Manuela Damianakis von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Schon mit der Autotunnel-Öffnung unterm Tiergarten Ende März war das Straßenstück nutzlos geworden. Aber die einst so wichtige Entlastungsstraße sollte noch bis nach der WM als asphaltierte Fußgängerzone eine Gnadenfrist haben.

Die Nord-Süd-Verbindung war nach dem Mauerbau 1961 errichtet worden. In nur zwei Monaten. Die neue Verbindung sollte auch die Hofjägerallee und den Großen Stern im Westteil entlasten.

„Notstraße“ wurde sie zunächst genannt. Der Senat schnitt dafür eine zehn Meter breite Schneise ab der Moltkebrücke bis zum Kemperplatz durch den Tiergarten, rund 1,2 Kilometer lang. Die Straße wurde von den Behörden als Provisorium bezeichnet, mit dem man nicht dem Bau einer autobahnähnlichen „Westtangente“ vorgreifen wolle. Das Provisorium zerschnitt fast 45 Jahre den Park, zehntausende Autos rollten täglich durchs Grün, Spaziergänger fühlten sich wie an einer rauschenden Autobahn. Anfang der neunziger Jahre legte der Senat die Westtangenten-Pläne zu den Akten, beschloss den Tunnel und die ersatzlose Aufgabe der Entlastungsstraße. Vor vier Jahren begann im neuen Parlaments- und Regierungsviertel die Demontage, 230 Bäume und mehr als 10 000 Sträucher wurden gepflanzt, aber am letzten Stück Entlastungsstraße endeten die Parkwege noch immer abrupt. Nun hat die Straße selbst ein Ende.

Christian van Lessen

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