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Chef ahoi! Auf der Aida.luna liegt die Kajüte von Kapitän Thomas Mey direkt neben der Brücke.

© promo

Aida-Kapitän Thomas Mey: Der Seebär aus Köpenick grüßt auf Sächsisch

Als Aida-Kapitän ist Thomas Mey ständig auf den Weltmeeren unterwegs. Zu Hause ist er aber im beschaulichen Köpenick.

Wenn Kapitän Thomas Mey auf Heimaturlaub nach Köpenick kommt, dann holt er erst mal die Harley raus. Eben ist er noch mit 15 Knoten und 3000 Leuten an Bord der Aida.luna durch die Meere geschippert. Jetzt ist er auf dem Motorrad mit anderen Geschwindigkeiten unterwegs. Die adrette weiße Gala-Uniform tauscht er gegen eine braune Lederhose, die schicke Kapitänsmütze gegen ein schwarzes Piratentuch: Nach Monaten auf hoher See endlich Freiheit auf den brandenburgischen Alleen. Auch Skilanglauf im Erzgebirge gehört zu seinen Hobbys. Er mag in seiner Freizeit alles, wo man, anders als an Bord, auf nicht allzu viele Menschen trifft. Die Damen, die ihn bei der Tanz-Gala auf dem Kreuzfahrtschiff so umschwärmt haben, würden ihn vermutlich gar nicht wiedererkennen.

In kniffligen Situationen brennt auf der Brücke ein rotes Licht

Ist er zu Hause in Berlin, geht er manchmal zur Anlegestelle der Ausflugsdampfer, im Sommer gern lässig mit T-Shirt und kurzer Hose. Anders als auf dem großen Schiff, wo ihn schon aus Sicherheitsgründen jeder kennen muss, weiß hier kaum jemand, wer er ist. Dann schaut er den kleinen Schiffen beim Festmachen zu. Und hebt vielleicht mal den Daumen: „Gut gemacht!“

Er kennt die Untiefen vor manchem amerikanischen Küstenstädtchen und die engen Häfen der Welt. Und weiß. wie man ein Schiff mit 252 Metern Länge und 32,2 Metern Breite auch bei Wind und starker Strömung dort hineinbekommt. Für eine Fashion-Show vor New Yorker Kulisse hat er sein Schiff im Manhattan Cruise Terminal auch schon mal rückwärts eingeparkt. In solchen Situationen brennt vor seiner Brücke ein rotes Licht. Das bedeutet, dass niemand hinein darf, nicht mal ein Telefonanruf.

Die alten Seekarten hält Mey in Ehren

Seine Brücke ist mit modernsten Computern ausgestattet. Der 59-Jährige schätzt es sehr, dass man Änderungen auf den Seekarten nicht mehr wie früher mühsam mit der Hand eintragen muss, sondern sie einfach mit dem Computer laden kann. Aber er ist nicht abhängig davon. Die alten Seekarten besitzt er noch, und das Fernglas nutzt er auch oft und gerne.

Auf dem Schiff begrüßt der gebürtige Dresdner die Passagiere jeden Morgen in breitem Sächsisch. Er erzählt ihnen, welche Lotsen an Bord sind und welche Behörden und was der Tag so bringen wird. Auch den Wetterbereich lässt er nicht aus. Als Kapitän eines Kreuzfahrtschiffs muss er kommunikativ sein. Aber Thomas Mey ist mehr als das. Er hat richtige Entertainer-Qualitäten. Und viel Verantwortungsbewusstsein. Es ist ihm deshalb wichtig, dass die Leute seine Stimme kennen, damit sie im Notfall immer wissen, wer das Sagen an Bord hat.

Schon als Junge wollte er unbedingt zur See fahren

Dass er zur See fahren wollte, wusste er schon als Drittklässler. Das war zu DDR-Zeiten natürlich nicht so einfach, weil die Schiffe ja auch ins nichtsozialistische Ausland fuhren. In der achten Klasse passierte er alle notwendigen Tests und wechselte mit 16 Jahren an die Polytechnische Oberschule der Deutschen Seereederei. Dort wurde er Matrose mit Abitur. Nach einem Zwischenspiel als Panzerfahrer im Wehrdienst absolvierte er in Warnemünde ein Studium zum Diplom-Nautiker. Als 1. Offizier fuhr er vor allem nach Asien.

Sein Ozeanriese kostet rund 330 Millionen Euro

Heute kann man sich den Kapitän auf einem Frachtschiff kaum vorstellen. Als 1996 in Rostock mit der Idee, einen Robinson-Club auf See zu etablieren, das Kreuzfahrt-Unternehmen Aida gegründet wurde, wollte er eigentlich nur mal für ein halbes Jahr ausprobieren, wie es sich auf einem Kreuzfahrtschiff so arbeitet. Damit hatte er seine Berufung gefunden, war erst Sicherheitsoffizier und wurde 2007 zum Kapitän ernannt. Damit trägt er viel Verantwortung. So ein Schiff wie die Aida.luna kostet immerhin 330 Millionen Euro. Und ja, das gibt er freiwillig zu, er hat auch schon mal eine Delle hineingefahren.

Droht ein Hurrikan, bleibt Aida freilich im Hafen liegen. Er erinnert sich noch gut daran, wie vor einigen Jahren bei schlechtem Wetter ein Frachter in der Karibik „mit Mann und Maus untergegangen ist“. Fürs Umrouten muss er trotzdem manchmal um Verständnis werben bei Passagieren, die denken, gutes Wetter sei im Preis inbegriffen.

Einmal gab es fast eine Meuterei der Passagiere

Einmal hat er sogar eine Fast-Meuterei erlebt. Er konnte bei einer Tour, anders als angekündigt, nicht auf den Falkland-Inseln landen, weil Argentinien sonst die Zufahrt zu all seinen Häfen verwehrt hätte. Viele Passagiere sahen das nicht ein und marschierten mit Drohgesichtern an der Rezeption auf. Thomas Mey ist voller Geschichten, und er kann sie auch gut erzählen. Bürokratie allerdings mag er gar nicht. Da die Aida unter italienischer Flagge fährt, muss jedes Mal ein italienischer Konsul an Bord sein, wenn er abgelöst wird und nach Hause in den Urlaub fährt.

Der Käpt'n ist rund um die Uhr im Dienst

Seine Kabine liegt direkt neben der Brücke, die er auch über seinen Balkon erreichen kann. Es gibt viele Gründe, ihn nachts anzurufen. Vielleicht fragt der Doktor aus dem Hospital, wie man in drei Stunden Land erreicht, weil er länger einen Passagier nicht mehr am Leben erhalten kann. Oder ein Zylinderkopf ist weggeknallt. Der Kapitän ist bodenständig. Ihm schmeckt es auch im Crew-Restaurant. Schließlich hat er dort die Auswahl zwischen philippinischem, indischem und deutschem Essen. Vegetarisch gäbe es auch, aber das ist aus seiner Sicht „eher für die Mädels vom Entertainment, die auf ihre Linie achten müssen“.

Der drahtige Kapitän schwimmt gern, wenn er die Gelegenheit dazu hat. Er darf allerdings nur von Bord gehen, wenn sein Stellvertreter anwesend ist. Seine liebsten Häfen? New York sei schon sehr schön, sagt er. Auch Rio mag er und Venedig. Stand-up-Paddling gehört ebenfalls zu seinen Hobbys. Insofern ist Köpenick ein idealer Wohnort, von Wasser umgeben. Der bekennende Union-Fan weiß aber auch viele andere Angebote einer Großstadt zu schätzen. „Hier habe ich alles, was ich brauche.“

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