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Aids-Gala in der Deutsche Oper , mit Moderatorin Carola Ferstl, Audi-Chef Rupert Stadler, Rita Süssmuth von der Aids-Stiftung, Klaus Wowereit als Laudator,dem Künstler des Süssmuth überreichten Preises und Modell Franziska Knuppe (v. li.).

© Davids/Darmer

Aids-Gala: Leid und Lebensfreude

Nach früheren Terrorakten wurden viele Veranstaltungen abgesagt. Die Aids-Gala diesmal aber nicht – aus gutem Grund.

Die Festliche Operngala für die Aids-Stiftung gehört seit langem zu den gesellschaftlichen Höhepunkten des Jahres. Wegen der Umbauarbeiten in der Oper musste sie diesmal verschoben werden – von Anfang November auf den zweiten Sonnabend im Januar. Am Vorabend kam die IHK mit ihren Gästen zum Neujahrsempfang zusammen. Nach schrecklichen Terroranschlägen wie dem von Paris in dieser Woche erhebt sich bei manchen einmal wieder die Frage, wie man feiern soll angesichts solcher Abgründe von Gewalt.

Ob man es überhaupt darf.

Dazu gibt es unterschiedliche Einstellungen. Nach den Terroranschlägen in der Londoner U-Bahn im Juli 2005, bei denen 56 Menschen starben, erklärte ein britischer Autor im Tagesspiegel, warum die Briten wichtige Sportereignisse nicht absagten. Tenor: Wenn man absagt, überlässt man den Terroristen den Sieg. In diesem Zusammenhang erklärte er auch das Prinzip der „Stiff Upper Lip“. Danach konnte man sofort sehen, wenn ein britischer Offizier Angst hatte, weil dann sein Schnauzbart anfing zu zittern. Wer es schaffte, die Lippe ruhig zu halten, ersparte sich die Blamage, Angst zu zeigen.

Als im März 2004 in Madrid nach Anschlägen von islamistischen Terroristen 191 Menschen ums Leben kam, sagte die spanische Delegation bei der gerade stattfindenden ITB Konzerte und eine Modenschau ab. Vor allem nach den Anschlägen auf das World Trade Center am 11. September 2001 wurden auch in Berlin viele Veranstaltungen abgesagt. Dass die Fußball-Bundesliga am Wochenende danach trotzdem spielte, fanden viele unpassend. Europas Fußballspiele wurden abgesagt. Die Publikumseröffnung des Jüdischen Museums wurde verschoben. Kulturveranstaltungen und auch Feste wurden gestrichen oder verschoben.

Der damalige Bundespräsident Johannes Rau erfuhr von den Anschlägen bei einem Staatsbesuch in Helsinki. An jenem Nachmittag hatte er die Spitzen der finnischen Gesellschaft zu einem Empfang eingeladen. Er ging hin, hielt ohne Manuskript eine bewegende Rede und erklärte den Gästen, warum der Empfang stattfinden solle, er selber aber nicht daran teilnehmen werde. Am nächsten Morgen flog er zurück nach Berlin.

Dass die Terroristen eine Änderung des Lebensstils als Sieg betrachten würden, ist wahrscheinlich. Aber es gibt ja verschiedene Arten, zusammenzukommen. Ein Neujahrsempfang ist in der Regel keine ausgelassene Feier, sondern ein Networking-Event, das viele Teilnehmer vor allem als Arbeit betrachten. Und die Operngala für die Deutsche Aids-Stiftung ist kein Ereignis, das die Schattenseiten des Lebens ausblendet. Im Gegenteil. Diese Gala hat sich ausgesprochen verdient gemacht darum, das Thema Aids aus der Tabuzone herauszuholen.

Als sie 1994 erstmals stattfand, galt vielen die Krankheit noch als Schmuddelthema. Die Initiatoren Alfred Weiss, Alard von Rohr und Irina Pabst haben von Anfang an darauf geachtet, dass zu jeder Gala auch Erkrankte eingeladen wurden, dass Betroffene an dem glanzvollen Ereignis teilhaben konnten. Dieser Geist hat über die Jahre auch die Künstler beflügelt, hat den großen Loriot bewegt, zu Lebzeiten immer wieder die Moderation zu übernehmen, bis der beliebte Sänger Max Raabe sie von ihm übernahm. Irina Pabsts Name wurde auch nach ihrem Tod nicht aus dem Initatorenkreis gelöscht, und der langjährige Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit äußerte in seinen Reden immer wieder die Hoffnung, dass sie aus einer anderen Welt zuschaue. Diese Gala steht wie kaum eine andere für ein Universum, in dem es Leid und Lebensfreude gibt.

Über 2000 Gäste waren gekommen, darunter die Bundesminister Hermann Gröhe (Gesundheit), Wolfgang Schäuble (Finanzen) und Heiko Maas (Justiz), Verleger Florian Langenscheidt, Moderator Thomas Gottschalk und der Vorstandsvorsitzende des Hauptsponsors Audi AG, Rupert Stadler, der einen Scheck über 200 000 Euro an Rita Süssmuth, Ex-Bundesgesundheitsministerin und Ehrenvorsitzende der Aids-Stiftung, überreichte. Sie selbst wurde mit dem World Without Aids Award ausgezeichnet.

Die Gala fand unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen statt. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller lobte in seinem Grußwort die Jugendlichen, die nach den Anschlägen vor der Französischen Botschaft deutlich gemacht hätten, „dass wir unser Zusammenleben nicht von Mördern und Terroristen kaputt machen lassen“.

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