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Berlin: Akademiker erstach seine Verlobte

39-Jähriger beruft sich vor Gericht auf eine Affekttat. Die Anklage glaubt an Mord

Die Frau hatte genug von seinen Lügen. Drei Jahre nach der Verlobung in Paris wollte sich Elene B. trennen. Doch als sie mit Eurico N. in ihrer Neuköllner Wohnung darüber zu reden versuchte, griff er nach einem Fleischermesser. Die Staatsanwaltschaft geht von einem Mord aus. Der Agrarwissenschaftler aus Angola habe erreichen wollen, „dass, wenn schon nicht er selbst, dann auch kein anderer Mann mit ihr zusammenlebe“. Vor dem Berliner Landgericht gestand der Sohn einer Diplomaten- und Akademikerfamilie gestern zwar die tödlichen Stiche. Einen gezielten Angriff aber bestritt er.

„Ich habe eine schreckliche Tat begangen und einen lieben Menschen verloren", sagte der 39-Jährige. Er könne sich nicht erklären, wie es so weit kommen konnte. Nach seiner Version wusste er nichts von Trennungsabsichten oder einem anderen Mann im Leben der Verlobten. Vielmehr habe Elene B. ihn an jenem Morgen 2004 auf eine seiner früheren Affären angesprochen. Da habe er gerade am Computer gesessen und sich auf eine Tagung vorbereitet. Als er nicht reagierte, sei Elene wütend geworden. Angeblich warf sie ihm einen Ring an den Hals, gab ihm von hinten einen Stoß. „Ich war völlig außer mir, griff ein Messer, das noch vom Frühstück auf dem Tisch lag.“

Die 27-jährige Ethnologie-Studentin hob noch schützend die Arme. Das belegen die später festgestellten „tiefgreifenden Abwehrverletzungen“. Doch an diese Szene kann sich der Angeklagte angeblich nicht mehr erinnern. Der Angolaner sagte, er habe danach Tabletten genommen und versucht, sich selbst das Leben zu nehmen. „Ich weiß, ich habe schon einen Platz in der Hölle“, schrieb er in einem Abschiedsbrief.

Mehrere Stunden nach der Tat randalierte der damalige Doktorand in der Neuköllner Ossastraße und schlug die Scheibe in einem Treppenhaus ein. Als Polizisten seine Personalien feststellen wollten, er aber keinen Ausweis bei sich hatte, führte er sie in die Wohnung von Elene B. in der nahegelegenen Fuldastraße. Dort hatten die Nachbarn bis dahin nie Streit zwischen den Partnern erlebt. „Er steht selbst sehr fassungslos vor diesem Gewaltausbruch“, sagte einer seiner Anwälte. In der Beziehung sei N. Auseinandersetzungen häufig aus dem Weg gegangen. Auch, weil er immer wieder Affären hatte. Der Prozess wird am Mittwoch fortgesetzt.

Kerstin Gehrke

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