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Berlin: Akazienstraße: Action am Altar: die Apostel-Paulus-Kirche

Wie ein Zeigefinger ragt der über 80 Meter hohe Turm der Apostel-Paulus-Kirche in den Himmel, als wolle er darauf hinweisen, dass hier etwas passiert. Eigentlich wäre dies unnötig, denn Michael Daudert, Pfarrer der Kirche, versucht mit viel Abwechslung, das Gotteshaus als kulturelles Zentrum zu etablieren und zum Anziehungspunkt zu machen.

Wie ein Zeigefinger ragt der über 80 Meter hohe Turm der Apostel-Paulus-Kirche in den Himmel, als wolle er darauf hinweisen, dass hier etwas passiert. Eigentlich wäre dies unnötig, denn Michael Daudert, Pfarrer der Kirche, versucht mit viel Abwechslung, das Gotteshaus als kulturelles Zentrum zu etablieren und zum Anziehungspunkt zu machen. Da der wöchentliche Gottesdienst nur noch die Treuesten der Gemeinde auf das harte Kirchengestühl lockt, ließ man sich Einiges einfallen, sah die Dinge gelassener und vor allem vielfältiger. Das Ergebnis jahrelanger Arbeit: Der weiträumige Kirchenraum füllt sich jetzt nicht nur zu den Festgottesdiensten. Mit über 1100 Sitzplätzen zählt die Kirche zu den größten Berlins. Heute sieht man ständig neue Gesichter, sie gehören vor allem zu jungen Menschen, die zunehmend ins Karree ziehen. "Wir versuchen die Leute zu sammeln, die hier neu sind und ein Stück Heimat suchen", sagt Daudert. Sie werden mit neuen Angeboten eingeladen: Meditationskurse, Jugendtheatergruppen, Gospelkonzerte und Tischtennis am Nachmittag sorgen für die Neuausrichtung des Gemeindehauses als sozio-kulturelles Zentrum.

"Unsere Kirche soll eher ein kreativer Pool werden, dogmatischer Bibelunterricht hat hier keine Chance", sagt Pfarrer Michael Daudert. Ein Teil der neuen Bevölkerung im Kiez - jung und alternativ - fühle sich mittlerweile im Gemeindehaus heimisch und lasse "eine andere Kirchenkultur" wachsen. "Die Kirche muss daher offen gehalten werden", sagt Andreas Kleeberg, der im Gemeindekirchenrat und als hauptamtlicher Helfer eine Vielzahl von Veranstaltungen organisiert.

Daudert will auch den "Ureinwohnern" des Karrees vermitteln, dass sie im bunten Treiben um die Akazienstraße nicht ihre Bedeutung verlieren. "Kinder setzen sich für Senioren ein, bringen ihnen öfters Obst und Blumen. Für mich ist das ein schönes Beispiel des Miteinanders", sagt er. Insbesondere Kindern, die vielfach schon die Freude am Leben verloren haben, versuche man positive Seiten der Umgebung aufzuzeigen. Dabei wird den Jüngsten scheinbar Selbstverständliches erst wieder beigebracht: "Sie müssen zum Beispiel viel erfühlen und ertasten, sollen so wieder Lust am Leben bekommen", erklärt Daudert. Danach seien sie oftmals entspannter und können sich für kleinere Dinge begeistern.

Dem Pfarrer ist es enorm wichtig, unterschiedliche Menschen aus dem Kiez wenigstens eine Stunde zusammenzuführen und sie in den Dialog zu bringen. Obwohl viele im Umgang mit der Bibel noch vorsichtig seien, werde dieses Angebot zumindest angenommen. Weil das Leben in der Nachbarschaft so vielfältig und bunt ist, muss sich etwas davon auch in der Gemeinde widerspiegeln. "Viele suchen nach einer Art Ersatzfamilie - aber nur für die kurze Zeit, in der sie im Kiez leben", sagt Kleeberg. Auch darauf müsse man sich einstellen. Daudert hat mittlerweile seine Arbeit umgestellt: "Ich kann nur noch Moderator des Miteinanders sein - ein guter Freund von nebenan, der alle mal kennen lernen möchte."

krau

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