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Aktion Ehrensache: Spurten für mehr Spenden

Trabrennen sind sein Leben. Das Pferd Glückauf hat Peter Kwiet mithilfe von Prominenten erworben – für einen guten Zweck. Der beinahe 70-Jährige fährt im Sulky, die Preisgelder stiftet er kranken Kindern.

Peter Kwiets Arbeitskleidung sieht aus wie die eines Rockstars: weiße Hose, rote Stiefeletten, rote Jacke mit weißen Sternen. Aber wahrscheinlich ist niemand weiter entfernt von einem Leben im Showgeschäft als der Pferdetrainer Peter Kwiet, der Trabrennen fährt und so unaufgeregt ist, wie ein Mensch nur sein kann.

Es ist Sonntag, die Zuschauer auf den Tribünen der Rennbahn in Mariendorf essen Bratwurst, aus den Lautsprechern scheppern Schlager. Peter Kwiet fährt sich warm, er hockt auf dem Sulky, einem Wagen mit zwei Rädern, der hinter sein Pferd Glückauf gespannt ist. Kwiets Beine sind angewinkelt und nach vorn gestreckt, bequem ist das nicht. Er ist 69 Jahre alt, er geht mit leicht nach vorn gekrümmtem Rücken, aber auf dem Sulky sitzt er so locker, als spiele das Alter für ihn keine Rolle.

Das Geld, das Glückauf heute gewinnen könnte und das der Traber in den letzten sechs Jahren eingefahren hat, geht an die Kinderklinik des Tempelhofer St.-Joseph-Krankenhauses. Vor einigen Jahren habe er in der Zeitung von einem kranken Kind gelesen, sagt Kwiet. Krebs, und die Eltern konnten sich die Behandlung nicht leisten. Da habe er eben Gewinne gesammelt, auch im Krankenhaus sei er gewesen. „Die kranken Kerlchen, die bleiben einem im Kopf“, sagt er und schaut auf die Stoppuhr, die in seiner Hand liegt, als gehöre sie dort eben hin. Bei einem Rennen hat er damals Glückauf gesehen und daraufhin Prominenten wie Günther Jauch und Isabell Werth geschrieben. Die kauften das Pferd für den Stall. Seitdem trainiert und fährt Peter Kwiet Glückauf für die Klinik. 20 Siege und 30 000 Euro hat der Traber mittlerweile eingefahren, neun Jahre ist er alt, rechts sieht er schlecht. „Aber ein toller Kerl auf der Bahn ist er und grundanständig“, sagt Kwiet.

Glückauf ist ein gutes Pferd für Peter Kwiet, und die Rennbahn ist für ihn eine gute Welt, seine Welt. Kwiet ist in Köpenick geboren und in Babelsberg aufgewachsen, sein Vater hat ihn zum Sport gebracht. Seit 1954 ist er Trabertrainer, als er anfing, war er 14. Seitdem steht er zwischen vier und fünf Uhr auf, sieben Tage die Woche. „Mit Lebewesen arbeiten ist etwas Besonderes“, sagt er, „die wollen ihr Futter.“ Frei habe er selten, ein paar Tage vielleicht am Ende des Jahres. Aber Arbeit? Er schüttelt den Kopf. Nein, so empfinde er das eigentlich auch nicht.

50 Kilometer fährt Kwiet jeden Morgen nach Eichstätt vor Berlin, dort stehen die Pferde. Zu den Rennen dagegen hat er es nicht weit: Er wohnt neben der Rennbahn, mit dem Kopf deutet er über die Hochhäuser hinter den Tribünen. „Ich bin glücklich“, sagt Kwiet, „und ich möchte in meinem Leben nichts anderes machen.“

Und weil das Leben für manche Menschen nicht so gut ist wie für ihn und die heile Welt hinter der Rennbahn aufhört, gibt er etwas ab von dem, was er hat. „Das Schönste war, als wir letztes Jahr mal dort waren mit ihm“, sagt er, mit Glückauf im Garten der Klinik. Die Kinder waren so aufgeregt, sagt er freundlich, „das ganze Krankenhaus haben wir lahmgelegt“.

Seine Frau, die er 1957 kennen gelernt hat, sagt, ihr Mann sei nicht zufrieden, wenn er nicht draußen sei. Bei den Rennen ist sie fast immer dabei, auch sie ist pferdebegeistert. Nur der Sohn „macht mit Autos“, sagt Kwiet ohne Bedauern. Wenn die Leidenschaft fehlt, fehlt sie eben.

Glückauf mit Peter Kwiet wird Dritter an diesem Sonntag auf der Rennbahn, 350 Euro gehen an die Klinik. Ein gutes Jahr noch darf Kwiet die Rennen selbst fahren, mit 71 ist Schluss, so sind die Regeln. Ein anderer kann dann Gewinne für die Klinik spenden, aber etwas Wehmut wird für Peter Kwiet dabei sein. Er wird Glückauf dennoch weiter trainieren, sagt er und schaut etwas irritiert. Selbstverständlich. Keine Frage.

Folge 3 am Freitag: Ein Trio hilft Schwerstbehinderten

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