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Auch Integrationssenatorin Dilek Kolat (rechts) war sich am Sonnabend auf dem Dürerplatz in Friedenau die BSR-Weste über. Für einen Plausch blieb trotzdem noch Zeit.

© Leonie Langer

Gemeinsame Sache in Tempelhof-Schöneberg 2015: Rot pflegt Grün in Friedenau

In Tempelhof-Schöneberg verschönerten an den Aktionstagen "Saubere Sache - Gemeinsache Sache" viele Menschen ihren Bezirk. Sie pflanzten Blumen und reinigten Wege und Grünflächen.

Fegen kann man auch in Pumps

Gerade erst losgefegt, da ist der Besen schon kaputt: Der Stiel ist durchgebrochen. Gudrun Blankenburg hält die zwei Teile in die Luft. Macht nix, es gibt genug Besen.

Die Friedenauer Stadtführerin kehrt gemeinsam mit Genossen der SPD Friedenau den Dürerplatz. Soeben ist Dilek Kolat eingetroffen, stilecht in orangefarbener Weste über schwarzem Kostüm. Fegen kann man auch in Pumps. „Es gehört für mich dazu, heute mitzumachen. Gerade die Friedenauer haben es gerne sauber“, sagt die Senatorin für Frauen und Integration.

Orkan Özdemir, integrationspolitischer Sprecher der SPD Tempelhof-Schöneberg, fügt hinzu: „Die Aktion ist nicht nur ein Zeichen für mehr Sauberkeit, sondern auch für das generelle soziale Engagement hier.“

"Zum Glück keine Drogen"

„Nur zusammen geht’s“, sagt Angelika Schöttler, Bezirksbürgermeisterin von Tempelhof-Schöneberg, zum Auftakt der Putzaktion rund um die Bezirkszentralbibliothek im Eva-Maria-Buch-Haus. Neun SPD-Mitglieder aus Tempelhof machen ihren Kiez sauber. Gemeinsam fegen sie Wege, sammeln Müll und nehmen dafür auch Verletzungen in Kauf. „Hat jemand ein Pflaster?“, fragt ein Freiwilliger, der sich beim Durchs-Gebüsch-Krauchen am Kopf verletzt hat.

Auch die SPD Tempelhof-Schöneberg war am Aktionstag dabei. Links die Bezirksbürgermeisterin Angelika Schöttler.
Auch die SPD Tempelhof-Schöneberg war am Aktionstag dabei. Links die Bezirksbürgermeisterin Angelika Schöttler.

© Nora Tschepe-Wiesinger

Dafür hat er dort Kurioses gefunden: Kleiderbügel, Damenwäsche und eine Fritteuse. „Ein Glück keine Drogen wie in Neukölln“, sagt Schöttler. In der Hasenheide wurden beim Aktionstag am Freitag unter anderem 20 Tütchen Cannabis gefunden. „Es ist toll, dass so viele Bürger mit anpacken. Die Stadt wird dadurch wirklich sauberer“, freut sich Schöttler.

Mit Müllzangen durch den Franckepark

Ein „Highlight“, nennt Erzieherin Sabine Dittert die Putzaktion rund um die Kita Herz Jesu in Tempelhof. Rund 85 Kitakinder zwischen zwei und sechs Jahren machen zusammen mit ihren Eltern und Erziehern den Franckepark, in dem die Kita liegt, sauber. „Die Kinder und Eltern lieben das“, sagt Dittert und deutet auf eine Familie, die mit Müllzangen und –säcken durchs Gebüsch streift.

"Coole Westen", finden die Kinder der Kita Herz Jesu in Tempelhof.
"Coole Westen", finden die Kinder der Kita Herz Jesu in Tempelhof.

© Nora Tschepe-Wiesinger

Die zweijährige Karla findet vor allem die orangefarbene BSR-Weste cool, die jedes Kind zum Saubermachen trägt. Neben Papier und Glasflaschen macht sie einen aufregenden Fund: „Guck mal, eine ganz große Schnecke“, sagt sie aufgeregt. Anwohnerin und Rentnerin Hertha Engel findet es „herrlich“, dass die Kinder den Park saubermachen. „Wenn ich nicht so alt wäre, würde ich selber mitmachen“, sagt sie.

Kicken für den Zusammenhalt

Beim Inter-Kultur-Cup am Vorarlberger Damm wird nicht geputzt, sondern gekickt! Gemeinsam mit der AOK richtet der FC Internationale das multikulturelle Fußballturnier aus. Das Flüchtlingsteam von Champions ohne Grenzen hat gerade gegen die Südkreuz-Tamilen verloren, gleich müssen sie wieder aufs Feld. „Das schaffen wir, Inschallah!“ Torwart Ali Ahmadi aus Afghanistan hat trotz zwei Niederlagen gute Laune. Hier geht es ja auch eher um den Spaß als um den Wettkampf.

Beim Inter-Kultur-Cup am Vorarlberger Damm in Schöneberg wird nicht geputzt, sondern gekickt.
Beim Inter-Kultur-Cup am Vorarlberger Damm in Schöneberg wird nicht geputzt, sondern gekickt.

© Leonie Langer

Genauso sieht das der 13-jährige Deniz Kaan aus Schöneberg. Er ist selbst Inter-Spieler, heute will er aber  nur ein bisschen mit seinen Kumpels im kleinen Soccer-Court kicken. Gerade machen sie erstmal Pause bei einem großen Eis. Gerd Thomas gesellt sich für eine kurze Fußball-Fachsimpelei dazu. Der 2. Vorsitzende des FC Internationale hat das Turnier schon zum vierten Mal organisiert. „Wir haben keine Quote, sondern schauen einfach, wer mitmacht. Begriffe wie Integration hängen mir zu den Ohren raus. Das ist doch in einer Stadt wie Berlin ganz normal!“ sagt Thomas. Bester Beweis ist die bunte Mischung, die beim Inter-Kultur-Cup antritt, neben den Champions ohne Grenzen sind dieses Mal auch das arabisch-türkische Team Lessinghöhe aus Neukölln, der Verein Türkiyemspor und die Behindertenwerkstatt dabei.

Ab ins Tütchen mit dem Hundekot

Im Kärntener Kiez zwischen Ebers- und Kärntener Straße lässt sich mittags schon das Ergebnis der Putzaktion bewundern: alles sauber! „Besonders eklig waren die gefüllten Hundekotbeutel.“ Anne Palmers vom Italiener an der Kärntener Straße steckt noch im beigen Arbeitsoverall. „Wer sich die Mühe macht, den Hundehaufen in einen Beutel zu tun, der kann ihn doch auch zum nächsten Mülleimer bringen!“.

"Alles sauber". Zwei Nachbarn beenden ihre Putzaktion in der Kärntener Straße in Schöneberg.
"Alles sauber". Zwei Nachbarn beenden ihre Putzaktion in der Kärntener Straße in Schöneberg.

© Leonie Langer

Die Restaurantbesitzerin und ihr Nachbar, Bestatter Fabian Lenzen, waren schon beim ersten Aktionstag Saubere Sache 2012 dabei. „Ich hoffe, dass wir die Bürger dazu bringen, die drei Schritte zum Mülleimer zu gehen anstatt alles auf die Straße zu werfen“, sagt Lenzen. Anne Palmers ist da zwar skeptisch, trotzdem findet sie, dass man die Aktion ruhig zweimal im Jahr machen könne.

Verantwortung für den Platz schaffen

"Papa, halt mal den Sack auf!" Der vierjährige Thilo hat gerade ein leeres Trinkpäckchen mit der Zange aufgepickt. Papa Andreas Meyer öffnet brav die blaue Mülltüte, in der sich schon Süßigkeitenverpackungen, Zigarettenstummel und leere Kaffeebecher befinden. Die Anwohnerinitiative Varziner Platz und die Ortsgruppe Friedenau der Grünen beteiligen sich zum dritten Mal an der Aktion Saubere Sache.

Zum dritten Mal dabei gewesen: Die Anwohnerinitiative Varziner Platz und die Ortsgruppe Friedenau der Grünen am Aktionstag "Saubere Sache".
Zum dritten Mal dabei gewesen: Die Anwohnerinitiative Varziner Platz und die Ortsgruppe Friedenau der Grünen am Aktionstag "Saubere Sache".

© Leonie Langer

Vor zwei Jahren wurden alle 18 Baumscheiben um den kleinen Platz am S-Bahnhof Bundesplatz bepflanzt. "Leider sind die meisten Pflanzen kaputt, viele stellen ihre Räder direkt auf die Beete und werfen ihren Müll rein", klagt eine Anwohnerin. Deshalb hat sie Blumenerde und neue Pflanzen gespendet. Ihr Wunsch: "Mehr Fahrradständer und dass der Platz tagsüber belebter ist." Dann fühlen sich vielleicht auch mehr Menschen für ihn verantwortlich.

Putzaktion am Friedrich-Wilhelm-Platz

Rund um die Kirche "Zum guten Hirten" auf dem Friedrich-Wilhelm-Platz steht um halb elf schon fast die Hälfte der insgesamt vierzig Stände. Um 13 Uhr beginnt das 30. Friedenauer Herbstfest mit Trödelmarkt, Essen und Bühnenprogramm. Die 19-jährige Antonia Gergs ist gerade dabei, den Kirchvorplatz von Unrat zu befreien.

„Ich wohne direkt um die Ecke und gehe nur ungern über den Platz, weil er so dreckig ist und hier oft Obdachlose sitzen“, sagt die Leiterin der Christlichen Jungenschaft. Auch die Kinder aus ihrer Gruppe helfen selbstverständlich bei der Putzaktion mit.

Erst sauber machen und dann wird gefeiert: Antonia Gergs und zwei andere fleißige Helfer freuen sich auf das Herbstfest am Friedrich-Wilhelm-Platz.
Erst sauber machen und dann wird gefeiert: Antonia Gergs und zwei andere fleißige Helfer freuen sich auf das Herbstfest am Friedrich-Wilhelm-Platz.

© Leonie Langer

Danach wird gefeiert. „Ich finde es wichtig, diesen Platz wenigstens einmal im Jahr schön und vor allem für junge Menschen erlebbar zu machen“, sagt Harald Petters, der Vorsitzende des Förderkreises für Christliche Jugendarbeit.

Fegen kann man auch in Pumps

Gerade erst losgefegt, da ist der Besen schon kaputt: Der Stiel ist durchgebrochen. Gudrun Blankenburg hält die zwei Teile in die Luft. Macht nix, es gibt genug Besen.

Strahlend, auch die Westen: Die Awo Friedenau war am Sonnabend schon früh rund ums dortige Rathaus im Einsatz.
Strahlend, auch die Westen: Die Awo Friedenau war am Sonnabend schon früh rund ums dortige Rathaus im Einsatz.

© Leonie Langer

Die Friedenauer Stadtführerin kehrt gemeinsam mit Genossen der SPD Friedenau den Dürerplatz. Soeben ist Dilek Kolat eingetroffen, stilecht in orangefarbener Weste über schwarzem Kostüm. Fegen kann man auch in Pumps. „Es gehört für mich dazu, heute mitzumachen. Gerade die Friedenauer haben es gerne sauber“, sagt die Senatorin für Frauen und Integration.

Orkan Özdemir, integrationspolitischer Sprecher der SPD Tempelhof-Schöneberg, fügt hinzu: „Die Aktion ist nicht nur ein Zeichen für mehr Sauberkeit, sondern auch für das generelle soziale Engagement hier.“

Müll raus, Blumen rein

Besonders in den Ecken steckt der Müll. Thomas Hippe, Vorsitzender der Awo Friedenau, sammelt mit einigen Kollegen schon seit kurz vor neun am Sonnabend Unrat aus den Büschen rund ums Rathaus Friedenau. „Wenn der Müll weg ist, pflanzen wir noch Frühlingsblumen.“

Kinder der Stechlin-Grundschule in Schöneberg bepflanzen die Umgebung ihrer Schule.
Kinder der Stechlin-Grundschule in Schöneberg bepflanzen die Umgebung ihrer Schule.

© Leonie Langer

Währenddessen kümmert sich die Tempelhof-Schöneberger Bezirksbürgermeisterin Angelika Schöttler, zünftig in „Kehrenbürger“-Weste, mit anderen Awo-Mitgliedern um den Mittelstreifen auf der Rheinstraße. Auch hier werden erst Müll und Unkraut beseitigt und dann mit Narzissen und pinkfarbenen Tulpen für frische Farbe gesorgt. „Ich freue mich schon, im Frühjahr hier vorbeizufahren, wenn die selbst gepflanzten Blumen blühen!“

Schöne Baumscheiben vor der Stechlin-Grundschule

"Frau Weinitschke, da ist ein Pilz! Kann der bleiben?" Ronja befreit gerade das an einer Baumscheibe angelegte Beet von Unkraut. Die Zehnjährige verschönert zusammen mit ihren Mitschülern aus der 5a den Gehweg und die Baumscheiben vor der Stechlin-Grundschule. "Klar, ist doch toll, wenn hier auch Pilze wachsen."

Kinder und Erzieher der Kindertagesstätte "Murkel-Kinderlade" reinigten den Halemweg-Spielplatz in Schönerberg.
Kinder und Erzieher der Kindertagesstätte "Murkel-Kinderlade" reinigten den Halemweg-Spielplatz in Schönerberg.

© Leonie Langer

Klassenlehrerin Andrea Weinitschke, die den Aktionstag bereits im dritten Jahr betreut, packt selbst mit an. Der blonde Robin versucht gerade, eine Pflanze aus dem Plastikübertopf zu ziehen.

"Schau mal, am besten drehst du vorsichtig daran." Die zwei Bäume direkt vor dem Schuleingang sind die Patenbäume der 5a. "Tom und Jerry heißen sie", erklärt die Lehrerin mit den dunklen kurzen Haaren.

Die Baumscheibe von Baum Tom wird gerade von Fenja und Amelie neu bepflanzt. Fenja lockert mit Gabel und Löffel den Boden auf: "Das geht viel besser als mit der Schaufel!"

Sauber machen am Halemweg-Spielplatz

"Schuhe anziehen! Und die Westen nicht vergessen!" Florian Göller, Erzieher im Murkel Kinderladen, hat seine Truppe gut im Griff. In Zweierreihen aufgestellt geht’s einmal über die Mansteinstraße zum Spielplatz. Die Anderthalb- bis Sechsjährigen in den neon-orange leuchtenden Warnwesten schnappen sich sofort die kleinen Besen.

Der Aufräum-Trupp der Lebenshilfe Tempelhof-Schöneberg nahm sich den Grazer Platz vor und befreiten Wiesen und Büsche vom Müll.
Der Aufräum-Trupp der Lebenshilfe Tempelhof-Schöneberg nahm sich den Grazer Platz vor und befreiten Wiesen und Büsche vom Müll.

© Leonie Langer

"Die kennen das schon, wir machen hier regelmäßig sauber", sagt Erzieherin Sabine Zingsem. Das sei auch bitter nötig: In der Crellestraße nur wenige Meter weiter ist zweimal die Woche Markt "und danach liegt alles voller Müll: Zigarettenstummel, Melonenschalen, Kronkorken, Glasscherben. Ich sehe auch oft Leute, die hier ins Gebüsch pinkeln!"

Mindestens ebenso empört ist jetzt der fünfjährige Oskar-Leon: Eben hat er eine leere Capri-Sonne mit der Zange aufgepickt. "Die lag direkt neben dem Mülleimer!" Florian Göller zeigt unterdessen, wie man den Sand auflockert, um noch mehr Kippenstummel und sonstige Kleinteile zu finden.

"Hier, eine Zigarette!", ruft auch schon der schwarzhaarige Oskar-Li-Yien. Sabine Zingsem versucht, sich nicht zu sehr über achtlose Mitmenschen zu ärgern. "Das einzig Gute: So werden die Kinder von kleinauf für Sauberkeit und Umweltfreundlichkeit sensibilisiert."

Lebenshilfe Tempelhof-Schöneberg räumt am Grazer Platz auf

"Ich habe schon zehn Feuerzeuge gefunden!" Jens Jäckel hält triumphierend seine Zange hoch. Der hochgewachsene Mittdreißiger gehört zum neunköpfigen Aufräum-Trupp der Lebenshilfe Tempelhof-Schöneberg. Erst am Dienstag sind sie in die neuen Räume am Grazer Platz gezogen. Und der ist ganz schön dreckig! "Ich frag mich, warum hier Papierkörbe stehen, wenn alle ihren Müll auf die Wiese und in die Büsche werfen!"

Matthias Müller, einer der Betreuten, hält den blauen Sack hoch, in dem er schon diverse Kaffeebecher, Zigarettenstummel und Bonbonpapiere gesammelt hat. "Ein paar mehr Mülleimer könnten es schon sein", sagt Monika Wolfers, Leiterin der Zweigstelle Tempelhof-Schöneberg, und zeigt auf eine Reihe von Bänken: weit und breit kein Mülleimer in Sicht. Jens Jäckel ist unterdes wieder im Gebüsch verschwunden: "Ich finde bestimmt noch zwanzig Feuerzeuge!"

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