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Berlin: Aktive Hilfe zur Integration: ABM-Projekt unterstützt Ausländer bei ihren Besuchen in Ämtern und Behörden

Der Schmiedhelfer Sergej Iline wartet vor dem Arbeitsamt Steglitz auf Tatiana Lvova. Beim Arbeitsamt hat er schon oft gewartet seit er vor zwei Jahren seine sibirische Heimat verließ.

Der Schmiedhelfer Sergej Iline wartet vor dem Arbeitsamt Steglitz auf Tatiana Lvova. Beim Arbeitsamt hat er schon oft gewartet seit er vor zwei Jahren seine sibirische Heimat verließ. Auch zwischen Tomsk und Nowosibirsk sind Jobs rar geworden. Die Ilines kamen als Spätaussiedler nach Deutschland, doch nach zwei Jahren und nach zwei Deutschkursen steht Sergej immer noch ohne Stelle und ohne Perspektive vor dem Arbeitsamt. Das soll heute anders werden.

Sergej Iline trifft Tatiana Lvova vom "Begleitungs- und Beratungsdienst für Personen mit Integrationsbedarf oder Kommunikationsschwierigkeiten". Hinter dem sperrigen Titel verbirgt sich ein neues Integrationsangebot des Arbeitsamtes Steglitz, das in Zusammenarbeit mit der Beschäftigungsgesellschaft "IQ MediaTech" seit Mai eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (ABM) unterhält. Sie ist die Anlaufstelle für all jene, die sich in der Welt der Ämter und Gesetze nicht alleine zurechtfinden.

Tatiana Lvova erzählt aus ihrer Praxis: "Bei uns rufen Leute an, die ihre Sozialhilfe bar erhielten, und das ganze Geld dann verloren haben. Die trauen sich hinterher nicht alleine ins Sozialamt." Andere wenden sich in Mieterfragen an die Berater, Ausländer bitten um Hilfe, wenn das Bleiberecht in Frage steht. "Viele kommen aber auch, um Unterstützung bei der Arbeitssuche zu finden. Vor allem Berliner mit Sprachproblemen gehören zu unseren Klienten", erläutert Frau Lvova: "Auch Sachbearbeiter aus Behörden können anrufen, die für ihre Kunden Unterstützung suchen oder eine verlässliche Übersetzung brauchen".

Und so begleitet Frau Lvova heute Sergej Iline zu seinem Arbeitsvermittler. Der Spätaussiedler spricht zwar leidlich deutsch, aber bei den Verhandlungen mit dem Arbeitsamt stößt er an Grenzen: Bei seiner Ankunft vor zwei Jahren beherrschte er nur den Wehrmachtsjargon sowjetischer Filme: "Jawoll!" und "Hände hoch!". Er erklärt, dass er als "ungelernter Helfer" keine Stelle finden könne und nun eine Fortbildung besuchen will, um mit einem Berufsabschluss seine Chancen zu verbessern. Der Arbeitsvermittler hat wegen der Sprachprobleme Bedenken, ob Sergej einer Ausbildung folgen kann, und sucht nach offenen Stellen.

Frau Lvova übersetzt die persönlichen Nöte ins Deutsche und bürokratischen Notwendigkeiten ins Russische. "Alles ist sehr kompliziert", stöhnt Sergej, wenn es um die feinen Unterschiede zwischen "Arbeitsvermittlern" und "Arbeitsberatern", zwischen "Fortbildung" und "Umschulung" geht. Wegen der vielfältigen Aufgaben und der schwierigen rechtlichen Fragen verfügen die meisten der sieben Berater des Projekts über eine akademische Ausbildung oder über lange Berufserfahrung in den Bereichen der sozialen Betreuung.

Stolz ist man bei der IQ MediaTech auch auf die sprachliche Vielfalt der Mitarbeiter. Sie können Dolmetscherdienste auf türkisch, russisch, polnisch, serbokroatisch, englisch, kurdisch und tamilisch anbieten. Die Vorteile liegen auf der Hand. Die Übersetzungen garantieren den Kunden, verstanden zu werden und alle Informationen zu erhalten, die sie im sicheren Umgang etwa mit dem Wohnungsamt brauchen. Die Sachbearbeiter sind zufrieden, weil sie ihre Gespräche zügig abschließen können und nicht an der Sprachbarriere Zeit verlieren. Auch die Übersetzungsleistung ist wie die anderen kostenlos und für jeden frei zugänglich. Da hilft das Projekt, eine Lücke in deutschen Amtsstuben zu schließen: "Die Amtssprache ist deutsch."

So heißt es immer wieder, wenn es Mitarbeitern öffentlicher Einrichtungen an Fremdsprachkenntnissen mangelt. Und wie steht es um die Integration von Sergej Iline? Das Arbeitsamt hatte auch heute keine passende Stelle, den nächsten Termin gibt es beim Arbeitsberater: "Der klärt mit Ihnen dann die Sache mit der Fortbildung", verspricht er. Sergej Iline ist zufrieden: "Nun, ich habe jetzt eine kleine Perspektive" meint er und weiß heute schon, dass er auch beim nächsten Termin nicht alleine kommen wird.

Thomas Neubacher-Riens

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