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Aktivitäten gegen Rechts: Erfolgreich gegen Neonazis

Wissenschaftler bewerten Berlins Programm gegen Rechtsextremismus als wirksam und einmalig. Es gibt aber auch Kritik

So klingen positive Beispiele von zivilgesellschaftlichem Engagement: Direkt vor die Tür eines rechten Modelabel-Ladens im Scheunenviertel stellten Bürger einen Container, der über Neonazis aufklärt; in Heinersdorf gründete sich die Initiative „Heinersdorf, öffne dich“, die für einen sachlichen Umgang mit dem Moscheebaukonflikt der Ahmadiyya-Gemeinde eintrat. Beide Initiativen sind Teil des „Landesprogramms gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus“, das seit zwei Jahren untersucht wird. Im Auftrag des Senats haben nach eigener Aussage unabhängige Wissenschaftler vom „Institut für Demokratische Entwicklung und Soziale Integration“ die Arbeit von 27 Projekten und Einrichtungen analysiert und am Montag einen Evaluationsbericht vorgestellt. Darin bescheinigen sie dem Landesprogramm „innovative, wirksame Strukturen“.

Die seit 2002 bestehende Senatsstrategie gegen Rechtsextremismus setzt vor allem auf Opferberatung, Stärkung der Zivilgesellschaft und Dokumentation. Zur Bilanz zählt, dass mehrere tausend Einwandererkinder das „Anne Frank Zentrum“ besucht haben, dass hunderte Opfer rassistisch motivierter Gewalt Hilfe bei Beratungsstellen gefunden haben und 34 Berliner Schulen mit dem Titel „Schule ohne Rassismus“ ausgezeichnet wurden. Positiv bewerten die Wissenschaftler zudem, dass das Landesprogramm dauerhaft ins Integrationskonzept der Stadt aufgenommen wurde.

„Berlin hat die Angebote der Bundesförderung früh genutzt und ein demokratieförderndes Flächenprogramm eingeführt“, sagt Politikprofessor Roland Roth, einer der Autoren des Berichts. Da aber die schwarz-gelbe Bundesregierung in Zukunft mehr Geld in die Bereiche Linksextremismus und Islamismus investieren will, sei besonders lobenswert, dass der Senat „beachtliche eigene Fördermittel zur Verfügung“ stellt: Im Haushaltsjahr 2010 rund 2 Millionen, 2011 sogar 2,3 Millionen Euro. Nur so ermögliche er nachhaltige Strukturen und längerfristige Projekte. „Wir haben in Berlin Vorkehrungen getroffen, falls die Bundesregierung ihre Unterstützung einstellen sollte“, sagt Integrationssenatorin Carola Bluhm (Linke). „Aber dazu darf es nicht kommen, der Bund darf sich nicht aus der Verantwortung stehlen.“

Die Verfasser des Evaluationsberichts äußerten auch Kritik an den Berliner Aktivitäten gegen rechts: Das Landesprogramm bedürfe „dringend einer konzeptionellen Aufwertung und Ausarbeitung“, heißt es darin. Lageeinschätzungen fielen zu knapp aus, Ursachen würden gänzlich ausgeblendet. „Man muss kein Anhänger strategischer Steuerung sein, um sich hier mehr Klarheit zu wünschen.“ Und: Vorbildliche Modellprojekte und Erfolgskonzepte würden zu wenig in der Öffentlichkeit präsentiert und wahrgenommen. Die Wissenschaftler raten dem Senat hier für mehr Werbung in eigener Sache. „Wir haben bereits eine Ausschreibung für eine entsprechende Kampagne laufen“, sagt der Integrationsbeauftragte Günter Piening. Die Landesregierung wolle die Empfehlungen bald umsetzen.

Ferda Ataman

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