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Berlin: Alabama

Anno 1880 hat ein pfiffiger Mr. Seaton entdeckt, dass dem US-Staat Alabama 8 Mandate zustehen, wenn im Repräsentantenhaus 299 Abgeordnete sitzen, aber nur 7 Mandate, wenn es 300 Abgeordnete sind.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Anno 1880 hat ein pfiffiger Mr. Seaton entdeckt, dass dem US-Staat Alabama 8 Mandate zustehen, wenn im Repräsentantenhaus 299 Abgeordnete sitzen, aber nur 7 Mandate, wenn es 300 Abgeordnete sind. Seitdem spukt das Alabama-Paradoxon durch die exotische Welt der Wahlmathematik. Von wegen: Mein Kreuzchen für meine Partei und meinen Kandidaten! Die Stimme wird so lange durch Quotenverfahren mit Restsitzverteilung gequirlt, bis sie der Wähler am Ende der Mandatsverteilung kaum noch erkennt. Jedenfalls in Berlin, wo SPD, CDU und Liberale sich standhaft weigern, für die Abgeordnetenhauswahl einheitliche Landeslisten aufzustellen, die fast alle Ungerechtigkeiten des Wahlsystems beseitigen würden. Aber nein, die Parteien beharren auf ihren geliebten Bezirkslisten, die meistens den starken Kreisverbänden nützen. Das Landeswahlgesetz ist längst nicht mehr in der Lage, diesen Unsinn zu kaschieren. Jetzt muss das Verfassungsgericht schon zum zweiten Mal dafür sorgen, dass der richtige Kandidat auch das richtige Mandat erhält. Im Namen des Volkes: Wir sollten demnächst nicht mehr wählen gehen, sondern würfeln. (Seite 10)

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