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Modell Alexanderplatz

© dpa-Zentralbild

Alexanderplatz: Die Riesen kommen kleckerweise

Über ein halbes Dutzend Wolkenkratzer direkt am Alexanderplatz? Möglich wäre es. Der Baustadtrat von Berlin-Mitte rechnet allerdings zunächst nur mit zwei neuen Hochhäusern am Alex. Im Gegensatz zu Wowereit mag er den Platz in Mitte.

Über ein halbes Dutzend neuer Hochhäuser könnten sich direkt am Alexanderplatz gruppieren, für zwei davon sieht Mittes Baustadtrat Ephraim Gothe (SPD) so gute Chancen, dass sie „sofort gebaut werden dürften“. Zum einen wäre das ein 150-Meter-Turm neben dem Alexa-Einkaufszentrum, zum anderen ein ebenso hoher auf dem Gelände, auf dem gerade das Geschäftshaus „die neue Mitte“ entsteht. Dieser Bau, der auf der Seite zur Grunerstraße fast fensterlos ist, dem Alex teilweise auch die Kehrseite zeigt, hatte kürzlich den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) erzürnt: Das alles sehe ziemlich hässlich aus.

Direkt an dieser fensterlosen Brandwand des neuen Geschäftshauses aber könnte das Hochhaus errichtet werden, das Baurecht liegt vor, konkrete Pläne des Investors Hines gibt es noch nicht. Gothe aber glaubt, dass hier und direkt am Alexa am ehesten der Bau einer Hochhausreihe beginnen kann, für die der städtebauliche Wettbewerb von 1993 (gewonnen von Hans Kollhoff) die Weichen gestellt hat.

Dass diese Skyline je verwirklicht wird, ist in den letzten Jahren immer wieder bezweifelt worden und nach Ansicht des Baustadtrats eine „Frage der Jahrzehnte“. Er glaubt aber, dass die Hochhäuser kommen, es lasse sich „planungsrechtlich nicht mehr umdrehen“. Der Senat, dessen städtebauliche Verträge von einem Baubeginn bis 2013 ausgehen, rechnet damit, dass sich der Bau bis spätestens 2018 hinziehen kann. Eine zwingende Bau-Verpflichtung gibt es nicht, die wirtschaftliche Situation der Bauherrn muss berücksichtigt werden. An der Hochhausplanung werde aber festgehalten, versicherte kürzlich Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD).

Stadtrat Gothe betonte gestern, er finde den Alexanderplatz schön, und er werde durch die gerade gebaute Tiefgarage, die oberirdische Stellflächen überflüssig mache, an Attraktivität noch gewinnen. Er teile allerdings die Kritik an der fast fensterlosen Fassade, mit der das gerade gebaute Geschäftshaus „die neue Mitte“ das Gegenüber zum fast fensterlosen Alexa-Einkaufszentrum bildet. Nur hätte der künftige „Ankermieter“, ein Elektronikmarkt, geschlossene Wände verlangt, da habe der Bauherr „nur begrenzt Einfluss“, meinte Gothe. Der Bezirk könne bei einem Warenhaus dieser Art nicht – anders als bei einem Bürohaus – Fenster vorschreiben. Deshalb habe auch das Alexa, in dem ebenfalls ein Elektronikmarkt untergebracht sei, kaum Fenster. Der Umbau des Kaufhofes sei dagegen gut gelungen, er zeige Fenster, die er hinter der Wabenfassade des einstigen Centrum-Warenhauses nicht gehabt habe.

Das Bauwerk, das gerade am Alex entstehe, werde aber, so Gothe, zum Platz hin eine große Fensterfront haben, dahinter Rolltreppen, und den künftigen Kunden böte sich ein phantastischer Blick auf den Alexanderplatz. Der Regierende Bürgermeister hatte, als er kürzlich über den Platz schimpfte, einen größeren Überblick, weil er vom 14. Stock des einstigen Haus des Reisens in die Tiefe sah. Auch dieses Gebäude soll nach der noch gültigen Hochhausplanung einem 150-Meter-Riesen weichen. Aber es lässt sich offensichtlich auch so gut vermieten. Gebaut werden dürfen Wolkenkratzer dieser Größenordnung unter anderem auch auf dem Kaufhof-Gelände, auf dem Hotelgelände des Hochhauses Park Inn, auf dem langgestreckten Areal des bundeseigenen Immobilienunternehmens TLG. Aber auch hier gibt es bislang keine konkreten Vorstellungen, auch diese Gebäude sind gut vermietet, so dass der Bezirk Bauanträge vorerst nicht erwartet.

Die Hochhaus-Euphorie der neunziger Jahre ist bei den Stadtplanern verflogen, taucht aber immer wieder auf, wenn Grundstückseigentümer wie Sonae neue Pläne ankündigen. Im letzten Jahr war der Verkauf eines Areals für das Hochhaus in Aussicht gestellt, das möglichst schon 2010 stehen sollte. Da war auch wieder von neuem Schwung für die Wolkenkratzer-Skyline die Rede, deren Architektur völlig offen ist. Insgesamt 13 Hochhäuser mit über 40 Stockwerken hatte der städtebauliche Siegerentwurf vorgegeben, für acht gibt es das Baurecht. Gothe glaubt nicht, dass es Investoren gibt, die planungrechtliche Chancen ungenutzt verstreichen lassen und „nicht scharf darauf sind, bauen zu dürfen“.

Aber wenn gebaut wird, sind es zunächst wohl nur so genannte Sockelgeschosse, wie bei der „neuen Mitte“. Aber der Platz hat mit dem neuen Kaufhof, dem sanierten Berolina-Haus, nicht zuletzt auch durch das Alexa, im wahrsten Sinne an Farbe gewonnen, gilt als zunehmend interessanter Immobilienstandort.

Mit Investoren wie Hines und Kaufhof verhandelt Gothe derzeit Tiefgründigeres: Wie sich Millionen von Kaugummiresten, die Klaus Wowereit auch erzürnt hatten, beseitigen lassen. Vor allem fehlt es an Geld, um den Platz zukünftig besser und öfter zu reinigen. „Aber wir sind auf gutem Weg“, sagte Gothe. Das ist ihm erst mal wichtiger als neue Hochhäuser.

Christian van Lessen

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