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Berlin: Alle Länder sind schon da – jetzt auch Sachsen-Anhalt

Die Vertretung in der Luisenstraße wird im März bezogen

Was lange währt, wird eines Tages doch noch gut: Die neue Landesvertretung von Sachsen-Anhalt in der Luisenstraße 18 soll im März bezogen und am 2. April mit der Schlüsselübergabe eröffnet werden. Als „Taufpate“ hat sich Bundespräsident Johannes Rau angesagt – eine Ehre, die die Bedeutung des Ereignisses unterstreicht. Denn mit dem Land zwischen Harz und Wische ist der Reigen der Ländervertretungen beim Bund komplett. Der Schlusspunkt ist wie ein Sahnehäubchen: kein Neubau, sondern die denkmalgerechte Rekonstruktion eines durch einen Anbau ergänzten historischen Bürgerpalais’ mit langer Tradition und Berliner Lokalgeschichte. Gestern zeigten die Anhaltiner nicht ohne Stolz ihre fast fertige „Botschaft“. Sie verschwiegen nicht, dass sogar ein Untersuchungsausschuss zugange war, um den finanziell überhöhten Ankauf des Gebäudes, in dem ursprünglich die Hamburger residieren wollten, zu prüfen. Nannten 42,9 Millionen D-Mark als Preis für Kauf und Bau und baten, die Vergangenheit ruhen zu lassen, um nach vorn zu blicken. Der Bevollmächtigte des Landes beim Bund, Staatssekretär Michael Schneider, verband diesen Wunsch mit dem Hinweis darauf, dass die neu gebauten Ländervertretungen ohne wirkliche Individualität seien – das einstige hochherrschaftliche Wohnhaus von 1827/28 mit seiner neuen Strahlkraft und alten Geschichte hingegen „wird es uns leichter machen, das Land Sachsen-Anhalt ins Gedächtnis der Besucher einzugraben und sein Ansehen zu mehren“.

Hinter der in hellem Ocker strahlenden historischen Fassade dieses repräsentativen Wohngebäudes aus der Schinkelzeit verbirgt sich eine stattliche Zimmerflucht, in der Marmor- und Eichenzimmer mit Mahagoni an Decke und Wänden besonders schön sind. Hier sollen einmal Kamingespräche geführt werden; das riesige Marmorzimmer wird der Arbeitsraum des Ministerpräsidenten sein, während die Büros der 25 Mitarbeiter im hinteren Neubau-Teil liegen, wo sich auch ein Veranstaltungssaal befindet, der direkt an die Bahntrasse grenzt. Ein überdachter Innenhof fiel ebenso der Geldknappheit zum Opfer wie ein Restaurant, in dem es möglich gewesen wäre, an die Blütezeit des Hauses zu erinnern. Hier wurde nach dem Krieg im Künstlerklub „Die Möwe“ ein wichtiges Kapitel des kulturellen Neubeginns geschrieben – lang ist die Liste der Stars, die in der Möwe aßen, tranken, diskutierten und feierten. Ansonsten weist der Architekturhistoriker Peter Lemburg auf all die „Wahrheiten, Halbwahrheiten und Legenden“ hin, die die Geschichte des Hauses umranken: Es war eben kein „Bühlowsches Palais“. Einem Militär von Bühlow gehörte das Haus Luisenstraße 21, aber das lag auf der anderen Seite der S-Bahn. Auch Vicco von Bülow alias Loriot beklagte dieses Missverständnis. Nein, Peter Lemburg wälzte alte Adressbücher und sagt, dies war ein städtisches Mietwohnhaus, in dem es neben den Repräsentationsräumen in den beiden Obergeschossen viele Kleinwohnungen gab. Und darin lebten ganz normale Leute mit Berufen wie Schulvorsteher, Doktor, Schutzmann, Installateur, Schiffer, Stellmacher, Kaufmann, Lackierer, Möbeltransporteur, dazu Witwen und Rentiers. Die Geschichte des Hauses liegt wie der Brocken so fern, aber man sollte sie kennen und vielleicht auch spüren.

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