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Berlin: Alle Macht den Katzen

Katzen lachen selten. Den vielen Komplimenten, die man ihnen macht („Ist sie nicht süß?

Katzen lachen selten. Den vielen Komplimenten, die man ihnen macht („Ist sie nicht süß?“), setzen sie gespielte Ernsthaftigkeit entgegen, die sie höchstens mal für ein amüsiertes Schmunzeln aufgeben. Doch manchmal lacht Frau Hoffmann. Das ist dann ein haarsträubendes Grinsen, wie es Lewis Carroll bei Hoffmanns Urgroßmutter, der Cheshire Cat, beschrieben hat. Verstärkt wird die unverschämte Grimasse dadurch, dass es hier viele dicke Balken gibt. Jetzt sitzt sie auf einem und grinst auf mich herab.

„Wie ich sehe, sind wir heute bester Stimmung“, sage ich leutselig wie der Alte Fritz nach der Schlacht von Kolin zum General von Zieten.

„Kein Wunder, bei solchen Neuigkeiten“, sagte sie, immer noch grinsend.

„Nun sag schon! Was ist es?“

„Der Katzenstaat kommt.“

„Wer sagt das?“

Jetzt wird sie wieder ernst, obwohl ich in ihren Augen ein triumphales Feuer leuchten zu sehen glaube.

„Alle haben es gesagt! Cheney und Rumsfeld haben es gesagt, Stephen Hadley und Eric Edelmann sind derselben Meinung.“

Sie redet, als habe sie erst gestern mit der US-Administration Cocktails getrunken. „Noch jemand?“

„Bush natürlich! Auch der Präsident hat versichert, dass sie das Catsiphat errichten wollen!“

„Wieso? Regiert im Weißen Haus wieder eine Katze?“

„Nein, nicht er will das Catsiphat. Sondern al Qaida. Sie wollen den Katzenstaat von Indonesien bis Spanien errichten! Wie damals im 7. Jahrhundert.“

Ob ihr das Lachen vergeht, wenn ich ihr sage, dass sie etwas missverstanden hat? Nicht vom Catsiphat reden Bush & Company, sondern vom Kalifat, dem Reich des Kalifen. Striktes Alkoholverbot und kein MTV mehr, wer Bikinis trägt, wird gesteinigt, und aus Katzen machen sie Saiten für ihre Banjos.

„Ich bin nicht sicher, dass du davon profitieren würdest“, deute ich meine Skepsis an. „Es waren Ägypter, welche Katzen verehrten, nicht die Taliban.“

Frau Hoffmann macht sich absprungbereit. „In einem Katzenstaat gibt es keine Hunde, und die Brekkies werden subventioniert.“

„Und was ist mit den Mäusen?“

„Was soll schon sein mit den Mäusen? Die Einreise wird ihnen erleichtert, sie kriegen eine Daueraufenthaltserlaubnis, und ihre Kinder haben täglich schulfrei.“

„So lernen sie aber nichts!“

Frau Hoffmann springt. Ziemlich elegant, punktgenau aufs Sofa. Dann muss sie sich erst einmal den vom Gegenwind gekräuselten Pelz kämmen, bevor sie unsere Unterhaltung fortsetzt: „Was soll eine Maus schon lernen? Wie man Fallen umgeht? Meinetwegen. Hauptsache, sie integrieren sich in meinen Speiseplan.“

Um Frau Hoffmanns hübsche Nase erkenne ich ein unterdrücktes Schmunzeln und stelle fest, dass die Vorstellungen von Katzen und Innenministern nicht weit auseinander liegen.

„Seit dem Jahr 700 ist viel Zeit vergangen“, warne ich. „Wer weiß, wie al Qaida und die anderen Katzenfreunde heute über einen modernen Staat denken!“

„Das ist doch egal. Wenn sie nur die Hunde ausweisen.“

„Wo sollen die denn hin?“

„Nach China natürlich. Die CIA hat eine gut funktionierende Fluglinie zu Wochenmärkten, auf denen Hunde als Sonntagsbraten feilgeboten werden.“

Mag ja sein. Andere Länder, andere Sitten, hieß es früher bei Schilderungen aus Bayern.

„Oder nach Guantanamo!“, maunzt die Hoffmann, merklich desinteressiert am Thema, „Hauptsache, sie sind weg.“

Das denken viele meiner Managerfreunde genau so. Nur meinen sie damit nicht Hunde, sondern ihre Fabriken, die sie nach Polen verlegen. Wat dem einen sin Uhl, is dem anderen sin Nachtigall, sagen sie dazu. Was Frau Hoffmann nur ein leichtes Lächeln entlockt. Sie hat ja eine lebenslange Anstellung.

— Der Autor ist Deutschlands bekanntester Gourmetkritiker und kennt sich auch bei Katzen aus. Ganz besonders bei Frau Hoffmann, seiner schlauen Mitbewohnerin. Sie hat zu allem etwas zu sagen.

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