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Gut aufgehoben. Heike Höhne, Betreiberin der Katzenpension Fidele in Seddin, mit einem ihrer Schützlinge. Mehr als 20 Katzen tummeln sich auf dem Gelände, in den Sommerferien muss sie viele Interessenten abweisen.

© Solveig Schuster

Alles für die Katz: Wie es den Haustieren in den Ferien ergeht

Jedes Jahr in den Ferien werden Haustiere ausgesetzt oder getötet. Dabei gibt es Alternativen.

Von Sandra Dassler

Ein kleines einsames Krallen-Äffchen, das auf einem Spielplatz in Zehlendorf entdeckt wurde, ein Kakadu, der sich auf der Schulter einer Frau niederließ, die gerade mit ihrem Mann auf der Terrasse im Grunewald frühstückte, vierzehn Kaninchen, neun Meerschweinchen und drei Degus, die völlig vernachlässigt in einer Wohnung gefunden wurden, dazu Hunde, Katzen und Vögel – nein, über mangelnden Zuwachs konnte sich das Tierheim Berlin in den vergangenen Tagen nicht beklagen.

Schließlich sind Ferien und immer noch gibt es Menschen, die erst einen Tag vor dem Urlaub „plötzlich“ feststellen, dass sie nicht wissen wohin mit ihren Hunden, Katzen, Hamstern, Meerschweinchen, Vögeln, aber auch Mäusen, Ratten oder Schlangen.

„Wir informieren, klären auf, machen Betreuungsangebote, aber es ist jedes Jahr dasselbe“, sagt Julian Rose: „Erst kurz vor dem Urlaub wird offenbar vielen das Problem bewusst.“ Rose ist Pressereferent beim Tierschutzverein für Berlin, der auf eine 175-jährige Geschichte zurückblickt. Der Verein betreibt auch das Tierheim in Hohenschönhausen-Falkenberg, eine der größten und modernsten Einrichtungen dieser Art weltweit. Bis zu 10 000 Tiere werden hier jährlich versorgt und gegebenenfalls weiter vermittelt. Zur Zeit sei das Heim total ausgelastet, sagt Rose: „So ist unsere Vogelaufnahmestation sehr voll und auch bei den Katzen kommen wir auf rund 500 Tiere, etwa 20 Prozent mehr als üblich. Ähnlich bei Echsen und Kornnattern, für die wir dringend Halter suchen.“

Ein Thema für den Senat

Ehrenamtliche Mitglieder des Berliner Tierschutzvereins kümmern sich auch um Straßenkatzen, deren Zahl auf mehrere Zehntausend geschätzt wird. Die Helfer füttern die Tiere und bringen sie ins Tierheim, wo sie kastriert werden, um die unkontrollierte Fortpflanzung zu verhindern.

Mit dem Thema soll sich auch der Berliner Senat beschäftigen. Das fordert Medienberichten zufolge die SPD Berlin-Mitte, die durchgesetzt hat, dass das Bezirksamt sich beim Senat für eine Kastrations-, Sterilisierungs- und Kennzeichnungspflicht bei Katern und Katzen einsetzt. Nach ihrer Vorstellung soll künftig ein „Kastrationsmobil“ durch Berlin rollen. Doch wer soll das bezahlen und kontrollieren?

Darüber wird auch in Brandenburg heftig gestritten. Immerhin haben die Städte Frankfurt (Oder), Luckenwalde und kürzlich Jüterbog eine Kastrations- und Sterilisationspflicht für frei laufende, geschlechtsreife Kater und Katzen eingeführt. „Viele andere Gemeinden wagen sich nicht an das heiße Eisen“, sagt Annett Stange, die Leiterin des Tierheims in Groß Döbbern bei Cottbus. Erst am Freitag hat sie wieder ein völlig verängstigtes Katzenkind an einer Tankstelle und zwei halb verhungerte kleine Katzenbabys auf dem Gelände eines Bestattungsunternehmens gefunden. Ihr Heim ist mit den Katzenkindern völlig überfüllt, dabei wurden nach Medienberichten in der vergangenen Woche schon viele abgeholt.

„Die meisten Besitzer gerade auf dem Land haben nicht das Geld, um mehrere Katzen kastrieren zu lassen“, sagt Annett Stange: „Für eine weibliche Katze muss man dafür zwischen 90 und 120 Euro und für einen Kater etwa 50 bis 65 Euro bezahlen. Da nehmen manche lieber den qualvollen Tod der ausgesetzten Katzenkinder in Kauf. Oder töten sie gar selbst.“

Bei der Reiseplanung an das Tier denken

Kaum vorstellbar, wenn man den kleinen Katzen beim Spielen zuschaut, beispielsweise in der Katzenpension „Fidele“ in Seddiner See, einer Gemeinde im Landkreis Potsdam-Mittelmark. Eine liegt im Körbchen, die zweite in der Kommode, die dritte auf dem Schrank, die vierte eingekuschelt in einer Höhle im Katzenbaum – jede hat ihr eigenes Versteck. Insgesamt tummeln sich mehr als 20 Katzen in den drei auf rund 70 Quadratmetern wohnlich hergerichteten Zimmern mit dem anschließenden Garten. „Die Plätze während der Sommersaison sind schon seit Wochen ausgebucht“, sagt Pensionsinhaberin Heike Höhne. Immer mehr Familien nutzen die Möglichkeit, ihre Tiere während der eigenen Urlaubsreise in liebevolle Obhut zu geben.

Auch Ingrid Claus, die eine Kleintierpension in Groß Kreutz betreibt, hat das festgestellt. „Schon bei der Reiseplanung sollte man die Katze mitdenken“, rät sie. Häufig passiere es, dass Kleintier- oder Katzenbesitzer spontan vor ihrer Pension stehen, die sie dann aber abweisen muss. Vor allem der Platz für Kleintiere wie Kaninchen, Mäuse und Ratten sei begrenzt, denn auch kleinere Tiere wollen nicht wochenlang im Käfig sein und bräuchten Platz zum Auslauf.

In Berlin und Umgebung gibt es zahlreiche professionelle Unterbringungsformen, sagt Julian Rose. Der Tierschutzverein für Berlin unterstützt etwa im Rahmen der bundesweiten Ferienaktion „Nimmst Du mein Tier, nehm’ ich Dein Tier“ des Deutschen Tierschutzbunds eine private Tierbetreuung. Halter, die eine Unterkunft suchen, können diese beim Tierschutzverein erfahren.

Abschluss eines Tiersittervertrags

Eine gute Alternative ist auch das Füttern und Versorgen des Tiers durch Menschen in der Nachbarschaft. Hierzu hat das Tierheim Berlin über seine Website eine Tiersitter-Datenbank mit mehr als tausend Einträgen erstellt. Unter www.tierschutz-berlin.de können Tierfreunde über eine Suchfunktion Kontakt zu Tiersittern in ihrer Nachbarschaft aufnehmen. Interessenten, die eine Versorgung in privater Umgebung anbieten möchten, können sich auf der Website selbstständig in das Register eintragen.

Experten empfehlen den Abschluss eines Tiersittervertrags, in dem die Einzelheiten der Betreuung und auch Schadensersatzregelungen festhalten werden. In dem Vertrag sollte auch der behandelnde Tierarzt und die Haftpflichtversicherung eingetragen sein. Der Tiersitter kann vereinbaren, dass er das Tier ins Tierheim überstellen darf, wenn der Besitzer es drei Tage nach dem vereinbarten Abholtermin nicht zurücknimmt. „So was kommt aber selten vor“, sagt Julian Rose.

Anders ist es bei ausgesetzten Tieren. So hat sich bislang keiner gemeldet, der das kleine Weißbüscheläffchen vom Spielplatz in Zehlendorf vermisst.

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