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Berlin: Alles Gold, was glänzt

Scharf bewacht trafen Schätze der geheimnisumwitterten Inka in Berlin ein. Neue Ausstellung zeigt 1000 Jahre alte Kunstwerke aus dem heutigen Peru

Mittwochmittag, Mohrenstraße. Ein Polizeiauto und zwei gepanzerte Lieferwagen stoppen. Wachleute mit großkalibrigen Waffen steigen aus. Polizisten sichern den Gehweg, Passanten schauen erwartungsfroh. Doch dann kommt jemand mit einem leeren Rollwagen aus dem Innenhof gerumpelt, um ein paar Holzkisten aus dem Bauch der Geldtransporter ins Haus zu schieben. Die Passanten gehen weiter. Sie ahnen nicht, dass soeben ein glanzvolles Stück Weltgeschichte an ihnen vorbeigeschoben wurde: Das Gold der Inka. Ab Freitag kann es jeder sehen.

Der Rollwagen bollert durch den Innenhof des Bürogebäudes, vorbei an peruanischen Kakteen, hinein in einen abgedunkelten Raum. Während zwei Handwerker die erste Kiste aufschrauben, zieht Wilfried Morawetz seine weißen Baumwollhandschuhe an. Der Professor ist Direktor des Lateinamerika-Zentrums der Uni Leipzig. Er ist in Kolumbien aufgewachsen und hat in Peru gelebt. Außerdem ist er Kurator der Ausstellung und einer von drei Verantwortlichen des eigens dafür gegründeten Unternehmens Inkagold Ltd. „Exzeptionell“ sei der Inhalt der Kisten, sagt er. Dann nimmt er gemeinsam mit seiner vom peruanischen Kulturministerium entsandten Kollegin Melissa Lund den Deckel von der Kiste und zieht vorsichtig einen Schub heraus.

Zwischen dicken Schaumstoffpolstern, umhüllt mit Pergament, ruht ein Gesicht. Eine Totenmaske aus purem Gold. 362 Gramm schwer, tausend Jahre alt, wegen ihrer geflügelten Augen wohl von der Lambayeque-Kultur an der peruanischen Nordküste. Aber wer weiß das schon genau, 500 Jahre nach dem Untergang eines Reiches, von dem keine Aufzeichnungen existieren. Die Maske trägt zinnoberrote Farbreste. Rot, die Farbe der Inka-Götter. Der Tote wurde wohl in Textilien eingewickelt und hockend bestattet. Bedeutende Tote – und wer eine goldene Totenmaske bekam, war zweifellos bedeutend – wurden zu Festen aus ihren Grabmälern geholt. Sie sollten zwischen Menschen und Göttern vermitteln. Der üppige Ohrschmuck illustriert den Rang des Trägers – und sollte seinem Schutz dienen in einer Kultur, in der die Zukunft als hörbar galt. Die Vergangenheit war sichtbar, aber Prophezeiungen wurden nur geflüstert.

Es war also eine Welt voll geheimnisvoller Rituale. Bis zur Ausstellungseröffnung sollen sie erklärt werden. Was hier gezeigt wird, ist gleichermaßen für Auge und Geist bestimmt. Deshalb gibt es nicht nur den mystisch halbdunklen Raum, in dem das Gold in Vitrinen glänzt. Sondern auch einen Eingangsbereich mit Gebrauchsgegenständen aus Keramik und Holz: Kannen, Schalen, Waffen. Texte an den Wänden erklären, wie die Inka tickten. Besucher werden die Schatzkammern durch das Portal einer „Zyklopenmauer“ aus miteinander verzahnten Steinblöcken betreten. Dann sehen sie „die schönsten Stücke, die weltweit vorhanden sind“, sagt Morawetz, „keine Massenware“. Massenware, tausend Jahre alt? „Ja“, sagt der Professor. Bei „einem Volk von 20 Millionen Leuten“ habe sich Serienproduktion gelohnt. Vieles sei untergegangen, manches in der Welt verstreut. Aber was hier gezeigt werde, sei einmalig. Die Wachleute am Eingang schauen, als wüssten sie’s.

„Der Fluch des Goldes – 1000 Jahre Inka-Gold“ vom 20. Mai bis 10. Dezember im Quartier 110, Friedrichstr. 180-184. Geöffnet täglich 10-19 Uhr, Eintritt: 5 - 9,50 Euro, Familien: 22 Euro. Infos online: www.inkagold-ausstellung.de

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