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Berlin: Alles in Tupper

Tupperpartys sind Kult. Das findet Tupperware-Regionaldirektor Neue Länder-Nord, Stefan Wieland, auch in Ordnung so.

Tupperpartys sind Kult. Das findet Tupperware-Regionaldirektor Neue Länder-Nord, Stefan Wieland, auch in Ordnung so. Nur dürfe man nicht zu viel in diesen Kult hineinphantasieren, etwa ein Schüsselrücken zur transzendentalen Kommunikation mit dem legendären Earl S. Tupper, der anno 1944 seine "Wunderschüssel" (wonderlier bowl) kreierte, aber noch nichts von der Tupperparty ahnte und deswegen viele einsame Jahre der Erfolglosigkeit durchleben musste, bis ihm eine gewisse Browny Wise ... aber das führt jetzt zu weit.

Jedenfalls wissen viele nicht, was so auf einer Tupperparty wirklich abgeht und entwickeln diffuse Angstneurosen. Gerade Männer fürchten sich vor amazonenhaftem Hausfrauen-Klüngel, bei dem ein falsches Wort über die Zitronenpresse sofort das Nudelholz nach sich zieht (zum Glück aus Plastik). Deshalb hat Tupperware jetzt den deutschlandweit ersten Aufklärungs-Stand in die Gropius-Passagen (Johannisthaler Chaussee in Neukölln) gewürfelt, an dem Partytermine verabredet und eine größere Auswahl von Plastikschüsseln und Vorratsdosen unkompliziert gekauft werden können - ein klarer Tabubruch in der 50-jährigen Tupperware-Party-Tradition. Damit das Shoppen nicht einreißt, wird der Stand nach drei Monaten woanders hin verlegt.

Die Tupperware-Manager (alles Männer) zwingt das neue Konzept zu einem rhetorischen Spagat. Nein, man plane nicht den Einstieg in den Einzelhandel, es handele sich nur um ein "additives Konzept, das sich nicht kannibalisieren soll" (Stefan Wieland). Es gebe nun mal Partymuffel, und denen dürfe man den Zugang zu Tupperware nicht gänzlich verstellen. Zudem hat Co-Manager Erik Brinkmann festgestellt, dass auf den Tupperpartys immer dieselben Leute erscheinen, und das kann für den Umsatz dauerhaft nur schädlich sein.

Immerhin ist Deutschland in der Tupperwelt die führende Macht. Hier wird "getuppert, was das Zeug hält", sagt Tupper-Gruppenberaterin Christa Schwarzer. Jährlich kommen zu den 1,5 Millionen Partys etwa 14 Millionen Gäste, darunter vereinzelt auch Männer. Es gibt sogar reine Männerpartys, die "recht lustig" verlaufen sollen. Da werden Frischedosen zu Köderbehältern missbraucht oder der Hobbykeller mit gestapelten Kühlschrankboxen vollgestellt, in denen leckere Dübelvariationen lagern.

Frau Schwarzer hat mit Männern gute Erfahrungen gemacht. Immerhin weiß sie jetzt, wie man die Keramikmühle des Pfefferstreuers auseinander baut. Doch die typische Tupperparty ist reine Frauensache. Im Durchschnitt treffen sich zehn Damen zum ungezwungenen Produktgespräch. Die Gastgeberin bekommt ein schönes Geschenk, zurzeit ist es die Pfeffermühle. Von der Gastgeberin kann man zur Tupper-Beraterin aufsteigen, die am Umsatz beteiligt ist. 60 000 davon gibt es in Deutschland, aber es können gar nicht genug sein. Die nächste Stufe ist die Gruppen-Beraterin, die den unschätzbaren Vorteil eines Tupperware-Dienstwagens genießt. Dann kommt ein großer Schritt: die Gründung der so genannten Bezirkshandlung. So wird eine tüchtige Hausfrau zur taffen Unternehmerin.

Ein ungelöstes Problem ist die lange Garantiezeit: 30 Jahre. Früher galt sogar lebenslänglich, sagt Stefan Wieland - bezogen auf den Erwerber, nicht auf seine Schüssel. Die hochpreisigen Plastikbehälter gehen einfach nicht kaputt. Dafür aber der Anreiz, zur Tupperparty zu gehen. Viele Alt-Fans verlieren über die Jahre der Abstinenz den Kontakt zu ihrer Tuppergemeinde, ziehen womöglich noch um. Und schon ist Tupperware nur noch ein fernes Mysterium, ein Kult aus alten Tagen. Und ganz weit hinten im Hängeschrank liegt noch die Tupper- Butterdose, die schon Mutti so toll fand. Wo gibt es sowas heute noch?

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