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Berlin: Alles mit links

Korkenzieher, Dosenöffner, Scheren: bei Uwe Karge in Friedenau gibt’s fast alles für Linkshänder

Auf einmal geht gar nichts mehr. Dabei war Schritt eins noch kein Problem: den Dosenöffner mit links ansetzen. Doch schon bei Schritt zwei und damit dem wesentlichen, die Dose öffnen, scheitert der Rechtshänder im Friedenauer Linkshänderladen von Uwe Karge. Unbeholfen greift der rechte Arm über den linken, um den Griff zu erreichen. Die Dose fällt. „Jeder Linkshänder hat in unserem rechts ausgerichteten Alltag sein eigenes kleines Problem“, sagt Karge. Die meisten Schwierigkeiten aber gebe es im Haushalt: beim Kartoffelschälen, Korkenziehen oder eben beim Dosenöffnen. Fast jeder Fünfte meistert sein Leben mit links. Der heutige Internationale Linkshändertag will darauf aufmerksam machen.

Seit zwei Jahren hat Karge sein Geschäft in der Schmargendorfer Straße 34. „Noch heute stehen die Leute vor meinem Schaufenster und lachen“, sagt er. Rechtshänder wahrscheinlich. Doch auch die Reaktion der Linkshänder ist unterschiedlich. „Es gibt viele die können vieles mit beiden Händen, aber es gibt auch die extremen Linkshänder, die haben schon ewig nach dem gesucht, was ich verkaufe.“ Die freuen sich dann über Scheren, bei denen sich der Daumen nicht mehr durch das kleinere Loch quetschen muss. Oder Portemonnaies mit dem Münzfach auf der linken Seite, bei denen die Scheine und Karten nicht mehr herausfallen, weil der Linkshänder auf der Suche nach Kleingeld die Geldbörse falsch herum hält. Aber auch für Rechtshänder hat Karge einiges im Sortiment. So lassen sich die Fingernägel der rechten Hand mit einer Nagelschere für Linkshänder viel leichter schneiden. Oder Schöpfkellen und Messbecher mit dem Ausguss auf der linken Seite. „Das ist was für Profiköche, die mit rechts rühren und mit links gießen.“

Den wenigsten Dingen in Karges Laden sieht man an, dass sie speziell für Linkshänder sind. Den Tortenheber zum Beispiel muss man umdrehen um den Sägenschliff auf der rechten Seite zu finden. Auch der Korkenzieher, deren Spirale extra für Linkshänder geschliffen ist, sieht auf den ersten Blick aus wie jeder andere. Und die zahllosen Stifte mit dreieckigem Griff, sind für Rechtshänder auch nichts Ungewöhnliches. „Diese dreieckigen Griffe sind ideal für linkshändige Kinder, die schreiben lernen“, sagt Karge. Mit ihrer Hilfe gewöhnen sie sich gleich die richtige Stifthaltung an und verschmieren später die Tinte nicht. Auch Schreibhefte, Lineale und Anspitzer für Leute, die die meisten Dinge im Leben mit links machen, hat Karge da. Kein Wunder. Sein ältester Sohn ist Linkshänder. Als er vor einigen Jahren eingeschult wurde, entdeckte die Familie diese Marktlücke.

Auch Eishockeyschläger verkauft Karge. Die sind unten anders gebogen. Und Bumerangs. Die normalen sind so profiliert, dass sie sofort runterfallen, wenn ein Linkshänder sie wirft. Es gibt viel, aber noch längst nicht alles. Ein Maßband zum Beispiel, dass sich von selbst wieder auffädelt, würde Karge gerne verkaufen. Oder Fotoapparate und Videokameras. „Die heutigen Digitalkameras, die man sich einfach über die Hand schiebt, nützen Linkshändern gar nichts“, sagt Karge. Eine Lösung ist so schnell nicht in Sicht. Das war mal anders. „Nach dem Krieg gabs wesentlich mehr Produkte für Linkshänder, auch Fotoapparate“, sagt Karge. Damals hatte sich die Industrie darauf eingerichtet, dass viele Männer ihren rechten Arm im Krieg eingebüßt hatten. Nur Brotschneidemaschinen, weiß Karge, die gibt es heute noch für Linkshänder. Die stehen in fast jedem guten Kaufhaus. Annekatrin Loos

Der Linkshänderladen im Internet: www.der-linkshaenderladen.de

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