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Berlin: Alles Palette

Cent für Cent: Aldi und Lidl machen Schlussverkauf beim Dosenbier

Nur für billige Computer stehen die Berliner noch früher auf. Aber schon morgens große Lücken in die geschlossene Aldi-Warenfront zu kaufen, ist ihnen auch bei Dosenbier ein Leichtes. Ab 1. Januar gibt’s bei Aldi und Lidl wegen des neuen Pfands nämlich keine Dosen mehr – Grund genug für die Discounter, vor Weihnachten noch ein kleines Kampfkaufen vom Zaun zu brechen.

Bei Aldi in Kreuzberg kaufen die Leute alles, was gerade da ist, drei Sorten Bier und Energy-Drinks. Das Geschäft geht in großen Wellen: kaum kommt eine neue Gabelstapler-Palette ist die innerhalb kürzester Zeit niedergerissen. Bierebbe und Bierflut. Die Hamster sind mittags alle schon wieder in ihrem Bau, der Palettenplatz ist leer, die Leute kaufen Dominosteine. Nur ein Mann mit Schiebermütze ist noch mit Dosen auf dem Parkplatz unterwegs. Mit Hamstern hat das nichts zu tun. Wolfgang Smagacz kauft für Weihnachten ein, zum Dosenbier gibt’s Hammel und Gäste, und er muss mit dem ganzen Kram in den fünften Stock. Da sind die Dosen leichter als Flaschen.

In Neukölln ist die Beziehung zum Dosenbier traditionell noch inniger. Das weiß auch die Leiterin der Filiale an der Hasenheide und biegt sich freundlich aus dem Kühlregal: „Aus diesem Grund bekommen diese Märkte von vornherein mehr Ware geliefert.“ Solange sie noch in einer Zehlendorfer Filiale arbeitete, hatte sich nämlich kein Mensch fürs Dosenbier interessiert. Hier dagegen ging gestern an einem Tag eine ganze Gabelstapler-Palette weg. „Das ist ziemlich viel. Normalerweise vergehen anderthalb Wochen, bevor eine umgesetzt ist.“ Das Aldi-Plakat riet trocken: Bevorraten Sie sich. Manche schossen dabei übers Ziel hinaus.

Nur um die letzten Paletten Karlsquell-Dosen ist es still geworden. Es weiß nämlich noch niemand, dass die innerhalb der letzten Stunde auf nur fünf Cent heruntergesetzt wurden, „das müssen die Kunden ja erstmal mitbekommen“, sagt die Filialleiterin. Über die PC-Verbindung mit der Zentrale werden mehrmals täglich die neuen Preise ausgerufen. Die weitere Preissenkung ist der neueste Schachzug, um dem Konkurrenten Lidl die Kunden abzujagen, „Die haben ja heute kräftig geworben.“

Bei Lidl tobt es also auch. Die Leute rissen an den Paletten und luden „so viele Stiegen wie geht“ in die Einkaufswagen, erzählt ein Sicherheitsmann. Sie kamen mit zwei, drei Leuten, nahmen sich mehrere Wagen und telefonierten vor den Paletten mit Freunden in anderen Märkten. Komischerweise – „das hatte niemand erwartet“ – war als erstes die Cola weg. Vor lauter Dosenbier vergisst man manchmal, dass ja auch die Apfelschorle und der Energy-Drink beim Thema Dosenpfand gemeint sind.

Jetzt steht dort eine rothaarige Fachinformatikstudentin, die von dem Angebot in der U-Bahn las. „Das neue Jahr erleben die nicht“, sagt sie fröhlich über ihre 40-Dosen Grafenwalder Pils im Wagen. Gäste, Silvester, Weihnachten, Dosenbier - es gibt Dinge, von denen kann man nie genug haben.

Von den Konsumenten, so scheint es, geht niemand vor Wut die Wand hoch, wenn die Rede auf den Dosenpfand kommt. Sie sehen sich jetzt erst mal als glückliche Gewinner in einem Handelswettstreit. So wie der Mann, der so elegant durch die Gänge strich, auf der Suche nach alkoholfreiem Bier. Jetzt nimmt er doch acht Dosen mit Umdrehungen.

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