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Über 20 Jahre nach der Stationierung alliierter Streitkräfte in Berlin ermittelt die britische Staatsanwaltschaft, ob damals Missbrauchsfälle in Gatow stattgefunden haben. Auch in den britischen Medien läuft der Fall.

© Sreenshot

Alliierte Besatzung in Berlin: Britische Luftwaffe ermittelt wegen Missbrauch in Gatow

Die Britische Luftwaffe ermittelt wegen des Verdachts auf Sexualstraftaten zur Zeit der Alliierten Besatzung in Berlin - und sucht nach mehr als zwei Jahrzehnten auch nach Zeugen.

Die Polizeiabteilung der „Royal Air Force“ in Großbritannien ermittelt jetzt in den eigenen Reihen – wegen Sexualdelikten, die in Berlin begangen worden sein sollen. Es besteht der Verdacht auf Kindesmissbrauch durch einen oder mehrere Soldaten, die zu Mauerzeiten auf dem früheren Stützpunkt der britischen Luftwaffe im Spandauer Ortsteil Gatow stationiert waren. Dort, wo damals britische Familien lebten, die Väter am Airport arbeiteten, die Kinder Kitas und Schulen besuchten und auch Berliner Jobs hatten. Dies bestätigte das britische Verteidungsministerium in London dem Tagesspiegel am Sonnabend. Jetzt werden dringend Zeugen gesucht und Opfer gebeten, sich zu melden.

Nach Auskunft von Luftwaffen-Ermittlungsleiter Mike Dixon erstrecken sich die Ermittlungen auch auf einen „Mann Anfang 60, der in der Gegend um London wohnt“. Der Mann soll in die angenommenen Taten zwischen 1981 und 1989 verwickelt sein und Kinder während seiner Stationierung in Gatow missbraucht haben. Die Taten wären nach Auskunft des britischen Verteidigungsministeriums nicht verjährt. „Keine kriminelle Tat kann nach unserem Strafrecht so lange her sein, dass sie nicht mehr gerichtlich verfolgt werden könnte“, sagte eine Pressesprecherin des Verteidigungsministeriums am Sonnabend. Taten des Zivilrechts verjährten jedoch. Wie die BBC und britische Zeitungen berichten, ermittelt eine Spezialabteilung der Luftwaffe. „Jeder, der damals gedient hat oder während der 80er und Anfang der 90er Jahre Verbindungen zu unserer Basis hatte, wird gebeten, sich vertraulich an uns zu wenden“, sagte Chefermittler Dixon.

Die Luftwaffe nennt eine Rufnummer in Großbritannien, bei der sich Betroffene, Angehörige oder Zeugen vertraulich melden sollen. Ob dort auch Mitarbeiter mit Deutschkenntnissen arbeiten, konnte die Ministeriumssprecherin nicht sagen. Man werde aber gegebenenfalls deutschsprachige Kollegen heranziehen. Die Berliner Polizei konnte am Wochenende noch nicht sagen, ob die Ermittler um Amtshilfe gebeten worden sind.

Noch ist unklar, ob die vorgeworfenen Taten, zu denen keine Details bekannt sind, nur auf dem Gelände der Gatower Kaserne stattfanden und allein Angehörige der Alliierten betrafen oder ob möglicherweise auch Berliner betroffen sind. Auch war noch unklar, ob Jungen oder Mädchen oder beide betroffen waren.

Während des Kalten Krieges zu Mauerzeiten war Berlin-Gatow ein wichtiger Stützpunkt für die Nato-Verbündeten der Bundesrepublik. Insgesamt waren zur Zeit der Alliierten im Westteil Berlins rund 12 200 Soldaten stationiert, die größte Gruppe bildeten die Amerikaner mit rund 6000 Soldaten, dann folgten die Briten mit 3600 sowie die Franzosen mit 2600 Angehörigen der Streitkräfte. Die Briten gaben ihren Stützpunkt 1994 auf, die Soldaten zogen ab. Mittlerweile befindet sich auf dem Gelände das Luftwaffenmuseum der Bundeswehr.

Die Briten übten zu Zeiten der Alliierten beispielsweise auch in der „Ruhleben Fighting City“ am Olympiastadion – in einer Attrappenstadt zur Ausbildung für den Häuser- und Straßenkampf. Nach dem Abzug der westlichen Alliierten und der GUS-Streitkräfte 1994 warteten in Berlin insgesamt 14 Kasernen, drei Flugplätze, rund 40 Sportanlagen, 5800 Wohnungen und zahlreiche Kitas, Schulen und Krankenhäuser auf neue Nutzer.

Heute sind laut Nachrichtenagentur AFP noch etwa 16 000 britische Soldaten der Armee, der Navy und der Luftwaffe in Deutschland stationiert. Sie sollen bis 2020 abziehen. Annette Kögel

Opfer, Angehörige oder Zeugen werden gebeten, Hinweise vertraulich weiterzugeben und die Rufnummer 0044 23 9228 5170 zu wählen.

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