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Berlin: Allzeit streitbereit

IngoSchmittwill für die CDU ins Europaparlament

Ingo Schmitt hat viel für Europa gefroren. Seit Anfang Mai steht der CDUPolitiker auf Berliner Straßen und Plätzen herum, um den Berlinern etwas über seine Arbeit im europäischen Parlament zu erzählen. Schmitt trug bei allen Europa-Festen, die unter dem grauen Berliner Mai-Himmel veranstaltet worden sind, adrett Jackett und Krawatte, auch wenn Regen in der Luft hing und kalter Wind den Bratwurstgeruch vor sich hertrieb. Als Schmitt als erster von allen Berliner EU-Kandidaten Plakate aufstellen ließ, fragten Passanten, was nun schon wieder für eine Wahl stattfinde. Wer überhaupt über Europa reden will, grübelt über die Türkei oder grämt sich über die EU-Abgeordneten und deren angebliche Abzockerei bei den Sitzungsgeldern. Schmitts wahlkämpfende Parteifreunde erzählen, junge Leute interessierten sich kein bisschen für das Straßburger Parlament. Den Konkurrenten von den anderen Parteien ging es nicht besser . Deshalb müssen EU-Abgeordnete Generalisten und Spezialisten gleichzeitig sein – und streitbereit bei jedem Thema.

Schmitt hat kein Problem mit dem Debattieren über jedes und alles, was die Leute bewegt – das ist eine seiner Stärken, Politik bewegt ihn. Er wollte von Berlin in den Bundestag. Dann machte er sich als CDU-Generalsekretär 2001 unmöglich, indem er SPD-Schulsenator Klaus Böger als „Politnutte“ beschimpfte. Anlass war der Wechsel der SPD von der großen zur rot-grünen Koalition. Schmitt musste mit der Kandidatur für Brüssel vorlieb nehmen. Auch Parteifreunde, die ihn nicht so richtig mögen, loben sein „politisches Naturell“. Wenn er auf einem Podium steht wie jüngst auf dem Wittenbergplatz, wirkt er bei jeder Frage, als strebe er in Europa nach dem Amt, das er zuletzt in Berlin innehatte – als wolle er so etwas werden wie der Generalsekretär der christlich-konservativen Fraktion: Er redet von der „berechtigten Kritik“ am Parlament und kündigt an: „Das mit den Tagegeldern wird reduziert.“ Dabei sieht er etwas bekümmert aus, doch sonst legt Schmitt offensiv als Fachmann für alles los: Die EU-Außengrenzen müssten „ordentlich gesichert“ werden, fordert er und kann dann gleich auf seine Arbeit im Verkehrsausschuss verweisen, wo sich die Abgeordneten mit Richtlinien zur Weitergabe von Flugpassagierdaten befassten.

Schmitt weiß genau, dass Europa den meisten so wenig bedeutet, weil sie von dem Bündnis nicht viel spüren. Wie alle hät er dagegen, dass die Hälfte aller deutschen Gesetze aus Europa komme. Doch er hat den Eindruck gewonnen, dass viele sogar das erweiterte Europa uninteressant finden, solange sich auf dem Arbeitsmarkt wegen der Übergangsfristen nichts ändert.

Was bleibt, sind Expertendebatten und Klinken putzende Fleißarbeit. Nicht einmal Parteifreunde, die froh sind, ihn in Berlin los zu sein, bestreiten, dass Schmitt sich in die komplizierte und abstrakte Brüsseler Fachpolitik gut hineingearbeitet hat. Fleißarbeit, Biertischpolitik, Kumpel- und Netzwerkpflege – das konnte Schmitt auch in Berlin immer schon. „Ich sage immer: Die Woche hat sieben Tage“, sagt er. EU-Politik ist zeitintensiv. wvb.

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