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Berlin: Als der Glaube Feuerentfachte Reformationskirche vor dem Verkauf: Der Pfarrer erinnert an bessere Zeiten

Selbst an einem Sonntagmorgen rasen die Autos die Beusselstraße in Moabit entlang. Ihre Abgase sind über Jahrzehnte an den Häusern hängen geblieben und haben sie in ein trostloses Grau gehüllt.

Selbst an einem Sonntagmorgen rasen die Autos die Beusselstraße in Moabit entlang. Ihre Abgase sind über Jahrzehnte an den Häusern hängen geblieben und haben sie in ein trostloses Grau gehüllt. Die hohen Backsteinmauern der Reformationskirche trotzen dem Lärm und dem Schmutz. Drinnen ist es still und hell. Das viele Licht, das durch die großen Bogenfenster einfällt, die Stühle aus hellem Holz, die um den Altar herum gruppiert sind, erzeugen eine freundliche Atmosphäre. Man fühlt sich willkommen hier, aber leider auch einsam. Nur fünf andere Menschen sind noch zum Gottesdienst erschienen. Ihre Stimmen verlieren sich beim Singen in der großen Halle, die 1907 für 800 Menschen errichtet wurde. Mehr kommen normalerweise nicht, sagt Pfarrer Frieder BreitkreutzHamm – trotz der Bemühungen des großen Chores, des Kindermusikkreises und der Kita, neues Leben hier rein zu bringen. Deshalb und auch, weil keiner weiß, woher die 2,4 Millionen Euro zur Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes kommen sollen, hat der Gemeindekirchenrat beschlossen, das Gotteshaus zum Verkauf freizugeben.

Den Kontrast zur Endzeitstimmung im Beusselkiez, in dem die Christen zur Minderheit geschrumpft sind, stellt der Predigttext dar: Er stammt aus dem Johannesevangelium und erzählt vom enthusiastischen Aufbruch, von der Berufung der ersten Jünger. Schon wenige Stunden, nachdem sie Jesus kennen gelernt haben, ist ihnen klar: Das ist der Messias. Jesus reicht ein Blick auf Simon und er weiß: Das ist der Fels, auf dem ich meine Kirche bauen will. Es ging offenbar alles sehr schnell. Die Erzählung sei ja auch keine historische Schilderung, sondern ein Bekenntnis des Glaubens, sagt der Pfarrer. Der Glaube entfachte damals noch Feuer. „Also wird nun Gottes Gemeinde gepflegt und erhalten in der Zeit“, singt es aus fünf Kehlen. Das Lied stammt aus dem Jahr 1566. Da hatte Luther gerade seine Kirche gebaut. Was mit der Reformationskirche in Moabit wird, soll sich diese Woche entscheiden. clk

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