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Berlin: Als der neue Chef kuschelte, begann die Randale

Von André Görke Prächtig war die Laune von Huub Stevens nicht gewesen, als er am Sonntagnachmittag zum Parkplatz hinter der Haupttribüne des Jahnsportpark lief. Stevens übernimmt in drei Wochen den Job als Cheftrainer des Fußball-Bundesligisten Hertha BSC, und gestern war er für ein paar Stunden aus dem Urlaub nach Berlin gereist, um sich das Aufstiegsspiel der Amateure seines neuen Arbeitgebers anzugucken.

Von André Görke

Prächtig war die Laune von Huub Stevens nicht gewesen, als er am Sonntagnachmittag zum Parkplatz hinter der Haupttribüne des Jahnsportpark lief. Stevens übernimmt in drei Wochen den Job als Cheftrainer des Fußball-Bundesligisten Hertha BSC, und gestern war er für ein paar Stunden aus dem Urlaub nach Berlin gereist, um sich das Aufstiegsspiel der Amateure seines neuen Arbeitgebers anzugucken. Vielleicht wäre er besser im Urlaub geblieben. Hertha trennte sich vor 12 000 Zuschauern 0:0 von Dynamo Dresden und muss nun ein weiteres Jahr in der viertklassigen Oberliga spielen.

Nachdem Herthas Amateure im Aufstiegskampf gescheitert waren, blieb Stevens ruhig. Er wählte eher sanfte Worte, kuschelte geradezu mit den Nachwuchsfußballern: „Die Jungs haben nichts verloren, sie haben in diesem Jahr viel gelernt. Ich mache ihnen keinen Vorwurf.“ Kurz vorher hatte er sich in Herthas Mannschaftskabine blicken lassen. „Ich habe sie nur gelobt“, sagte Stevens. „Es macht keinen Sinn, den Jungs viel zu erzählen, wenn sie enttäuscht sind.“

Die Stimmung in den Katakomben des Jahnsportparks war grausam. In der gegenüberliegenden Kabine tanzten die Dresdner und feierten ihren Aufstieg nach sieben Jahren, in denen es sportlich immer nur nach unten ging. Dass die Polizei auf den Straßen arge Probleme bekam, interessierte zu diesem Zeitpunkt in der Kabine herzlich wenig.

Eine halbe Stunde nach Abpfiff prügelten sich Berliner und Dresdner im U-Bahnhof Eberswalder Straße. Die Hooligans hatten die Polizei überlistet.. Nach dem Abpfiff hatten die Dynamo-Fans den Platz gestürmt und Leuchtkugeln in die Berliner Fankurve geschossen. Die Polizei drängte die Berliner daraufhin nach Norden aus dem Stadion. Der Südausgang und die Eberswalder Straße wurde für die etwa 10 000 Dynamo-Fans freigehalten. Doch die Berliner, darunter nach Augenzeugen etwa 300 Hooligans, stiegen am U-Bahnhof Schönhauser Allee in den Zug und fuhren die eine Station zurück.

Als es dann auf dem Bahnsteig des U-Bahnhofs Eberswalder Straße weitere Schlägereien gab, konnten die Wasserwerfer, die den Bahnhof von außen sicherten, nicht eingreifen. Etwa 80 Dynamo-Hooligans hatte die Polizei am Stadion eingekesselt. Am Abend machten einige Fans auch in den Seitenstraßen des Alexanderplatzes Krawall.

Schon im Stadion hatten die Beamten einiges zu tun bekommen. Vier Minuten waren gespielt, da drangen etwa 200 Berliner Hooligans, darunter etwa die Hälfte vom BFC Dynamo, in den Sicherheitsbereich zwischen den Fankurven ein. Daraufhin stürmten etwa 150 Dresdner Hooligans den Zaun, die Polizei konnte Ausschreitungen verhindern.

Schlecht hatten die Amateure gegen den ehemaligen Bundesligisten nicht gespielt, fußballerisch waren sie die bessere Mannschaft. „Nur wer in zwei Spielen kein Tor erzielt, der steigt halt auch nicht auf“, sagte Herthas Michael Steiner. Sein Klub musste mindestens ein Tor erzielen, das Hinspiel hatten die Amateure vor einer Woche in Dresden 0:1 verloren. Doch gegen Dresdens Abwehr konnte sich Hertha nie richtig durchsetzen. Stingls Kopfball nach 20 Minuten lenkte Torhüter Kresic über die Latte, zehn Minuten später scheiterte auch Tchami. „Toreschießen ist doch nie unser Manko gewesen“, sagte Herthas Sven Kretschmer. Nur gegen Dresden, da lief es einfach nicht.

Von den Wasserwerfern vor dem Stadion haben die Spieler nicht viel mitbekommen, auch nicht von den Sirenen. Als die Dresdner auf der Tribüne feierten, sprach Kapitän Kapagiannidis von „einem Jahr harter Arbeit, das nun umsonst war, einfach verschenkt“. Nach Abpfiff standen sie alle am Mannschaftsbus und wollten nur raus aus dem Stadion, in dem sie ein Jahr lang die Klubs der Oberliga abgefertigt hatten. Und jetzt, nach den beiden Spielen gegen den Meister der Südstaffel, hat sich doch nichts für sie verändert. „Wir haben am Abend unsere Abschlussfeier“, sagte Thorben Marx noch. „Die ist seit Wochen geplant, leider.“ Lust auf Party hatte gestern niemand.

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