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Berlin: Als Feuerland noch an der Invalidenstraße lag Eine Ausstellung im Märkischen Museum

erinnert an die Königliche Eisengießerei

Vor 200 Jahren etablierte sich am Rand von Berlin qualmend und Feuer spuckend ein neuer Industriezweig: Die Königliche Eisengießerei nahm ihre Arbeit auf. Die Fabrik war „Vor dem Neuen Tor“ an der Invalidenstraße ansässig und existierte genau 70 Jahre, von 1804 bis 1874. Von hier aus nahm das „Fer de Berlin“, also das Berliner Eisen, seinen Siegeszug um die Welt. Oft wurde der Berliner Exportschlager nachgeahmt, doch selten in seiner Qualität erreicht – dies zeigt eine Ausstellung im Märkischen Museum in Mitte, die am heutigen Donnerstag eröffnet wird.

Mittels Grafiken und Aufzeichnungen wird die wechselvolle Geschichte der Gießerei dokumentiert und zugleich an Persönlichkeiten erinnert, die für sie gearbeitet haben. In der Eisengießerei wurde alles produziert, was schwer, gut, schön, nützlich war – und gefährlich! Kanonen und Kandelaber, Bratpfannen und Brückenteile, Gartenplastiken und Geschirr, vaterländische Denkmäler und filigraner Schmuck. Dazu auch die beliebten Neujahrsplaketten, die die Gießerei alljährlich an den König, den Hof und Geschäftsfreunde verschickte, um auf neueste Erzeugnisse aufmerksam zu machen.

Bedeutende Künstler haben für das „Feuerland“ mit seinen rauchenden und Feuer speienden Schloten gearbeitet – Schinkel, Rauch, Schadow, Posch, Kiss und viele andere. Sie entwarfen die Modelle für das Berliner Eisen, dessen Beliebtheit noch zunahm, als filigraner Schmuck aus geschwärztem Metall modisch wurde, der auch gut zu Trauerkleidung passte. Er ersetzte edles Geschmeide, das während der napoleonischen Unterdrückung und der Befreiungskriege unter dem Motto „Gold gab ich für Eisen“ zur Ausrüstung von Soldaten und zur Begleichung preußischer Kriegskontributionen eingesammelt und zu klingender Münze gemacht wurde.

Das 1813 gestiftete Eiserne Kreuz wurde, mit einem silbernen Rand versehen, ebenfalls in der Eisengießerei hergestellt und ist auf zahllosen Denkmälern des 19. und 20. Jahrhunderts dargestellt. Viele dieser Monumentalfiguren prägen bis heute das Stadtbild Berlins. So schildert die Ausstellung die Entstehung des gusseisernen Kreuzbergdenkmals, das, von Schinkel entworfen, an die preußischen Siege in den Befreiungskriegen erinnert.

Als im Revolutionsjahr 1848 ein Brand wesentliche Teile der Eisengießerei vernichtet hatte, ging es mit dem Betrieb bergab. Die Fabrik konnte die Verluste der Modelle und Entwurfszeichnungen nicht mehr wettmachen, zehrte von vergangenem Ruhm und schuf kaum Neues. Zum Niedergang trug der Wandel im Geschmack des Publikums bei. Die Aufgaben der Eisengießerei übernahmen verschiedene Privatunternehmen in Berlin und außerhalb der Stadt.

Wie sehr das Metall auch heute noch eine Faszination auf zeitgenössische Künstler ausübt, zeigt ebenfalls im Märkischen Museum die Schau „Skulpturen aus Eisen“. Ergänzt wird diese Hommage an das „Fer de Berlin“ durch Fotografien von Hillert Ibbeken von Gebäuden, Denkmälern und Grabstätten, die durch historisches Gusseisen geschmückt werden.

„Berliner Eisen, Geschichte eines königlichen Unternehmens 1804 bis 1874“. Märkisches Museum, Am Köllnischen Park 5 in Mitte. Bis 3. April 2005 dienstags bis sonntags 10 bis 18 Uhr. Eintritt 4, ermäßigt 2 Euro. Der Katalog mit 160 Seiten und über 200 Abbildungen kostet 18 Euro.Weitere Informationen www.stadtmuseum.de.

Helmut Caspar

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