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Berlin: „Als Partei der Besitzstandswahrer hat die CDU keine Zukunft“

Günter Nooke über Kampfansagen unter Christdemokraten, den Streit um den Gesprächskreis Hauptstadt-Union und seine Erwartungen an Landeschef Christoph Stölzl

Herr Nooke, welche politischen Ziele haben Sie für das kommende Jahr?

Berlin soll sich in der Bundespolitik behaupten, ich möchte deshalb Sympathie wecken: für die Stadt und für die Berliner CDU.

Als Sprecher der Berliner Landesgruppe im Bundestag können Sie das nicht mehr, da sind Sie abgewählt worden.

Die Landesgruppe mit ihren sechs Abgeordneten spielt leider in der Bundestagsfraktion keine so große Rolle. Ich bin Sprecher für Kultur und Medien, da kann ich was tun für Berlin.

Die Abwahl ärgert Sie nicht?

Ich habe dafür kein Verständnis. Aber es ist bezeichnend für den Zustand der Berliner CDU, dass ein inhaltliches Papier zur Hauptstadtdebatte quasi als Kampfansage interpretiert wird und mit einer Personalentscheidung beantwortet wird.

Der Landesvorsitzende Christoph Stölzl kritisiert zweierlei: den Zeitpunkt der Veröffentlichung und den Namen ihrer Gruppe, die sich „Gesprächskreis HauptstadtUnion“ nennt.

Dieser Name ist seit langem bekannt, Herr Stölzl selbst hat bei uns gesprochen. Und Ideen beizutragen, ist jeder in der CDU ausdrücklich aufgefordert worden.

Andere in der Partei sprechen von „Ideen-Klau“.

Das ist nun wirklich Unsinn. Aber wenn jemand meint, wir hätten seine Ideen geklaut, zeigt das doch schon mal, dass wir einer Meinung sind.

Die verschiedenen Papiere, die aus der CDU kommen, widersprechen sich zum Teil deutlich.

Unser Papier nimmt eine bundespolitische Perspektive ein. Berlin wird nur dann vorankommen, wenn wir Ja sagen zur Hauptstadt. Die Berliner CDU muss sich also entscheiden: Kiez oder Metropole, mit allen Konsequenzen. Oft wird aus den Reihen der Union der SPD-PDS-Senat so kritisiert, dass der Eindruck entsteht, wir hätten immer alles richtig gemacht. Aber als Partei der Besitzstandswahrer hat die CDU keine Zukunft. Es ist auch sinnlos, die Leute auf die Barrikaden zu rufen, wenn man ihnen nicht sagt, auf welcher Seite sie kämpfen so llen.

Sie fordern unter anderem, dass Eltern die Schulbücher ihrer Kindern selbst bezahlen sollen.

Ohne die Beteiligung derer, die es sich leisten können, geht es nicht weiter.

So hat das der Senat gerade auch formuliert. Sind SPD und PDS also aus Ihrer Sicht auf dem richtigen Weg?

Der Senat verfolgt beim Sparen durchaus richtige Ansätze. Dazu gehört auch, dass die Kosten der Wohnungsbauförderung und des Öffentlichen Dienstes drastisch und dauerhaft runter müssen. Aber dem Senat fehlt die Orientierung, und er nimmt die Leute nicht mit. Außerdem ist die Drohung mit Bankrott und Zwangsverwaltung einer Hauptstadt nicht würdig.

Sie fordern, dass Berlin dem Bund und den anderen Ländern als Gegenleistung für höhere Zahlungen Gebäude und Grundstücke schenkt. Meinen Sie, daran besteht dort überhaupt ein Interesse?

Berlin hat etwas zu bieten, was Stuttgart und Wiesbaden nicht haben: Weltöffentlichkeit. Wer sich hier präsentiert, wird auch wahrgenommen. Das allein reicht aber nicht. Berlin muss dem Bund auch Durchgriffsrechte einräumen, zum Beispiel, was die Stadtplanung betrifft. Die Idee dahinter ist, dass der Aufbau der Hauptstadt als Aufgabe der ganzen Nation wahrgenommen wird.

Das wird kaum reichen, um die finanziellen Probleme der Stadt zu lösen, zumal ja auch die anderen Länder sparen müssen.

Berlin muss sich auf einige wenige, aber wesentliche Aufgaben konzentrieren und alles andere aufgeben. Davon ist der Senat weit entfernt. Bisher sind nicht einmal die Zuständigkeiten in der Stadt richtig geklärt, und noch immer hängt man falschen Hoffnungen nach. Der Senat will weiter Grundstücke verkaufen, obwohl damit kaum Geld zu machen ist. Warum bietet er sie nicht weltweit im Internet umsonst an und lockt auf diese Weise Menschen hierher, die etwas wagen wollen? Das wäre ein riesiges Konjunkturprogramm.

Sehen Sie für solche Vorschläge eine Mehrheit in der CDU?

Ich hoffe es. Bisher ist über den Inhalt unseres Papiers in der Partei nicht gestritten worden. Im entsprechenden Arbeitskreis der Berliner CDU haben wir vieles davon angesprochen.

Werden Sie trotz der Widerstände in der CDU, die Sie hervorgerufen haben, für ein Amt im Landesvorstand kandidieren?

Das entscheidet sich nicht heute, doch ich würde gern meine bundespolitische Kompetenz einbringen. Aber nochmal: Es geht nicht um Personen, sondern um Positionen. Die Leute aus der „Hauptstadt-Union“ wollen die Berliner CDU nicht übernehmen, sondern wir wollen für unsere Ideen werben. Der Landesvorstand wird sich entscheiden müssen, wie er inhaltlich dazu steht. Ich erwarte deshalb auch eine klare Stellungnahme des Landesvorsitzenden Christoph Stölzl.

Das Gespräch führte Lorenz Maroldt.

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