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Berlin: Am Limit

Neue Finanzplanung: Wenn der Bund nicht hilft, muss Berlin weitere vier Milliarden Euro sparen

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Wenn der Bund dem Land Berlin nicht finanziell auf die Sprünge hilft, müssten die öffentlichen Ausgaben langfristig um weitere 4 Milliarden Euro gekürzt werden. Diese Rechnung macht der Senat in der neuen Finanzplanung bis 2009 auf, die gestern beschlossen wurde. Solche Einsparungen seien „offenkundig untragbar“, sagte Finanzsenator Thilo Sarrazin. Jedenfalls in einem Stadtstaat wie Berlin, der naturgemäß mehr Geld ausgeben muss als ein Flächenland.

Auch in Hamburg und Bremen liegen die Ausgaben etwa 25 Prozent über dem bundesweiten Durchschnitt. Das liegt daran, dass große Städte für die innere Sicherheit und Justiz, für ihre Sozialsysteme, Wissenschaft, Forschung und Kultur deutlich mehr Geld brauchen als das ländliche Umland. „Es existieren Ausgabenuntergrenzen, deren Verletzung bedeuten würde, dass Berlin seinen bundes- und verfassungsrechtlich zwingenden Verpflichtungen nicht mehr nachkäme“, steht in der Finanzplanung.

Zwar ist der Senat in den vergangenen Jahren bei der Konsolidierung des Haushalts besser vorangekommen als geplant, aber die extrem hohe Verschuldung treibt die Zinszahlungen unaufhaltsam in die Höhe. Im Jahr 2009 wird der Senat fast 3 Milliarden Euro nur für Kreditzinsen ausgeben müssen. Diese Zahlungsverpflichtungen sind das Problem. Wären die Zinsen nicht da, könnte das Land 2009 sogar ein Plus von 600 Millionen Euro erwirtschaften. Bis dahin werden die Ausgaben für das öffentliche Personal und die Sachausgaben auf Hamburger Niveau gedrückt. Für Investitionen wird Berlin dann sogar ein Viertel weniger (pro Kopf) ausgeben als die „reiche“ Nachbarstadt im Norden.

Einzelne Finanzwissenschaftler denken neuerdings darüber nach, ob es nicht ausreicht, wenn ein Gemeinwesen seinen Schuldenstand auf Dauer stabilisiert. Diese Betrachtungsweise lehnt Sarrazin ab. Sie führe „keineswegs zu finanzpolitisch tragbaren Szenariern“. Schon jetzt ist Berlin einsame Spitze: Die Schulden betragen im laufenden Jahr 73 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Sogar das Haushaltsnotlage-Land Bremen steht mit 51 Prozent wesentlich günstiger da. Ganz zu schweigen von Bayern, dessen Staatsverschuldung knapp 10 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausmacht.

Als Rettungsanker kommt nach Einschätzung des Senats nur die Teilentschuldung Berlins mit Hilfe des Bundes infrage. Allerdings ist unklar, wann das Bundesverfassungsgericht über die Klage auf Sanierungshilfen entscheidet. Sarrazin hofft, dass die mündliche Verhandlung in Karlsruhe noch 2005 stattfindet. Doch es gibt bisher keinen Termin. Zwar sind die Berliner Finanzen, wie die neue Finanzplanung beweist, in den kommenden Jahren noch ganz gut in den Griff zu bekommen, aber im nächsten Jahrzehnt könnten sie doch aus dem Ruder laufen.

Denn nicht nur bei den Ausgaben, sondern auch bei den Einnahmen gibt es kaum noch Spielräume. Steuererhöhungen hat der Senat erst kürzlich aus wirtschafts- und sozialpolitischen Gründen abgelehnt. Und die Erlöse aus dem Verkauf der Bankgesellschaft sollen ab 2008 einen „Altlastenfonds“ speisen. Er dient vor allem dazu, Anteile der Immobilienfonds der Bankgesellschaft zurückzukaufen.

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