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Berlin: Am Roten Rathaus soll das mittelalterliche Berlin auferstehen

Senatsbaudirektor Stimmann sieht die einmalige Chance, den historischen Stadtgrundriss wieder anzulegen

Hinter dem Roten Rathaus soll das mittelalterliche Berlin wieder entstehen. Derzeit führt hier die Grunerstraße mit acht Fahrspuren entlang. Bald könnte die Straße schmaler und auf dem gewonnenen Platz kleine Häuser mit vielen Wohnungen stehen. So sieht es das Planwerk Innenstadt der Senatsbauverwaltung vor. Und so steht es auch in einem Bebauungsplan, der jetzt auf den Weg gebracht worden ist. Senatsbaudirektor Hans Stimmann sieht darin die einmalige Chance, an dieser Stelle den historischen Stadtgrundriss herzustellen.

Es ist ein Viertel mit einer besonderen Geschichte. Hier entstanden vor 800 Jahren die ersten Häuser Berlins. Neben dem Molkenmarkt und der Jüdenstraße gab es in dem Viertel bis zum Zweiten Weltkrieg den Großen Jüdenhof, ein Ensemble von Häusern jüdischer Berliner. Von den Straßen und Häusern ist heute nichts mehr zu sehen. Trotzdem will Stimmann das Areal nach dem historischen Muster bebauen lassen.

Die knapp 100 Meter breite Grunerstraße, die bis zu 65000 Autos täglich nutzen, soll deshalb schmaler gemacht und weniger Platz verschlingend an das Nikolaiviertel und das Rote Rathaus herangeführt werden. Eine Machbarkeitsstudie liegt in den Schubladen der Bauverwaltung. Sie besagt: Trotz weniger Fahrspuren und zusätzlicher Kreuzungen würde der Verkehr weiter fließen. Den Umbau der Straßen will die Verwaltung von Bausenator Peter Strieder (SPD) durch den Verkauf von Grundstücken finanzieren, die durch die Verlegung der Straße frei werden. Sie gehören zum Großteil dem Land Berlin. „Derzeit haben weder die Touristen oder die Berliner etwas von der Situation“, sagt Stimmann und begründet so, warum das Klosterviertel neu geplant wird.

Der Große Jüdenhof wird nach den Plänen in jedem Fall wieder entstehen. Er ist wichtiger Bestandteil und die architektonische Besonderheit des Viertels: Zwölf Häuser auf kleinen Parzellen gruppierten sich einst um den nahezu rechtwinkligen Hof, der nur von der Jüdenstraße aus zugänglich war. Stimmann hofft mit der Wiederbelebung des Jüdenhofs auf eine Art Hackesche-Höfe-Effekt: trotz der Enge viel Platz für Cafés und kleine Läden und vor allem für Wohnungen in zentraler Lage. Die Kleinteiligkeit sieht er als bewussten Gegensatz zu den geplanten Hochhäusern und Einkaufscentern am Alexanderplatz. Darüber hinaus, so Stimmann, wäre das Höfeensemble eine ideale Ergänzung zu dem – vor allem von Touristen belebten – Nikolaiviertel.

Die neuen Pläne beseitigen die sozialistische Stadtplanung im Handstreich. Der Architekturhistoriker Dieter Hoffmann-Axthelm weint ihr – zumindest an dieser Stelle – keine Träne nach. „Die DDR-Planung wusste, nachdem die Schnellstraße einmal quer über die Berliner Altstadt gelegt war, mit den Rändern nichts anzufangen.“ Mit anderen Worten: Nur für die breite Grunerstraße gab es ein Konzept, für die Flächen rechts und links davon nicht. Die Reste des Großen Jüdenhofs, die die Bombardements des Krieges überstanden hatten, wurden 1951 abgeräumt. Heute gähnen zwischen Rotem Rathaus, Altem Stadthaus, der Ruine der Klosterkirche und dem Nikolaiviertel nichts anseres als triste Parkplätze.

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