zum Hauptinhalt

Berlin: Angriff auf Generalkonsulat: BGH hebt Freispruch von drei Kurden auf

Die Berliner Justiz muss den kurdischen Angriff auf das israelische Generalkonsulat vom Februar 1999 noch einmal behandeln. Der 5.

Die Berliner Justiz muss den kurdischen Angriff auf das israelische Generalkonsulat vom Februar 1999 noch einmal behandeln. Der 5. Senat des Bundesgerichtshofes (BGH) in Leipzig hat gestern ein Urteil des Landgerichtes Berlin vom 24. November 1999 aufgehoben, das drei Kurden vom Vorwurf des Landfriedensbruchs und der Bildung bewaffneter Gruppen freigesprochen hatte. Die Staatsanwaltschaft hatte damals je zweieinhalb Jahre Haft beantragt. Der Fall muss nun von einer anderen Strafkammer des Berliner Gerichts neu verhandelt werden.

Der dramatische Sturm auf das Konsulat hat bisher vor der Strafjustiz nur zu Freisprüchen und Bewährungsstrafen geführt, obwohl die Sicherheitsbehörden von einer koordinierten und von der PKK gesteuerten Aktion ausgegangen sind. Umgekehrt blieben auch die tödlichen Schüsse der israelischen Wachleute wegen deren Immunität ungeahndet. Auch die drei Angeklagten Izzet A., Adil D. und Zülküf Ü. waren damals zum Teil schwer verletzt worden.

"Die Feststellungen des Landgerichtes reichen nicht aus, um einen Freispruch zu tragen", sagte gestern die Vorsitzende Richterin Monika Harms. Die Berliner Richter hätten nur einen begrenzten Zeitraum von sechs Minuten aus den Geschehnissen von damals herausgegriffen, ohne deren Vorgeschichte zu bedenken. So sei am Vortag bereits das griechische Generalkonsulat erstürmt worden. Stattdessen habe das Landgericht Berlin nur wenige Minuten eines Videofilms angeschaut, die jedoch für den Nachweis einer friedlichen Absicht der Angeklagten nicht ausreichten. "Das Urteil ist lückenhaft und nicht ordentlich gemacht", kritisierte Harms.

Die Vorinstanz unter Leitung von Richter Neuhaus hatte die drei Kurden mit der Begründung freigesprochen, ihnen sei keine aktive Beteiligung an der Erstürmung des Konsulats nachzuweisen. Der Einsatzleiter der Polizei hatte damals ausgesagt, die jungen Kurden, die überwiegend ohne Ausbildung sind, hätten planlos und ohne Waffen auf dem Konsulatsgelände herumgestanden. Auch das Videoband hatte, wie berichtet, keine Aktivitäten der Besetzer gezeigt.

Am 17. Februar 1999 waren mehrere Gruppen von insgesamt 50 Kurden aus Protest gegen die Verhaftung des PKK-Führers Abdullah Öcalan gewaltsam in das Konsulatsgebäude eingedrungen. Die Menge wurde bei und nach der Erstürmung von Sicherheitskräften des Konsulats beschossen. Vier kurdische Angreifer kamen dabei ums Leben.

Ob die nun nötige neue Verhandlung ein anderes Ergebnis bringen wird, ist allerdings völlig offen. Sowohl die Verteidigung der Kurden als auch die Staatsanwaltschaft gehen davon aus, dass in einem neuen Prozess keine weiteren Beweise auftauchen werden. "Ich rechne nicht mit einem anderen Ergebnis", sagte die Anwältin Andrea Würdinger, die den 27-jährigen Izzet A. vertritt. Auch bei der Staatsanwaltschaft hieß es, es werde eher um eine neue Bewertung der bereits bekannten Erkenntnisse gehen. Wann die neue Verhandlung stattfinden wird, ist noch unklar.

Hans Toeppen, Holger Stark

Zur Startseite