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Angriffe auf Beamte: Das Faustrecht der Falschparker

Die Mitarbeiter der Berliner Ordnungsämter leben immer gefährlicher. Die Zahl der Angriffe auf sie ist in den vergangenen drei Jahren kontinuierlich gestiegen - vor allem in der City-West. Statt Argumenten werden Faustschläge ausgetauscht.

2005 gab es berlinweit 72 Übergriffe, 2007 waren es 88. Die Zahl der groben Attacken, die mit Verletzungen endeten, stieg von 24 auf 31. Diese Zahlen gehen aus der Antwort von Innensenator Ehrhart Körting (SPD) auf eine Anfrage des CDU-Abgeordneten Frank Henkel hervor.

Doch die Zahlen sind offensichtlich nicht vollständig. Beispiel Neukölln: Nach Angaben des Innensenators wurde dort bislang kein Mitarbeiter im Dienst verletzt. Schlicht falsch sei dies, heißt es in Neukölln. Eine ganze Reihe von Attacken endete mit schweren und in einem Fall sogar lebensgefährlichen Verletzungen. Die Leiterin des Ordnungsamtes begründete diese Diskrepanz damit, dass die Innenverwaltung drei Stunden zur Beantwortung der Fragen vorgegeben hatte. Diese Frist habe man wohl nicht einhalten können, sagte Sabine Heidrich-Joswig. Tatsächlich wurden 2006 und 2007 fünf Mitarbeiter verletzt. Bei der Innenverwaltung hieß es dazu, „wir können nur die Zahlen aufschreiben, die uns die Bezirke nennen“.

Neuköllns Bürgermeister Heinz Buschkowsky hatte nach einer besonders brutalen Attacke im Juni 2007 Alarm geschlagen. Damals war ein 70-Jähriger, der ehrenamtlich für das Ordnungsamt auf Streife geht, vor dem Rathaus von einem Unbekannten durch einen Faustschlag ins Gesicht niedergestreckt worden. Der 70-Jährige, ein pensionierter Kriminalbeamter, wurde mit Schädelbruch und Gehirnblutungen auf die Intensivstation gebracht. „Es wird keine Rücksicht mehr genommen, ob einer stirbt“, hatte Buschkowsky vor einem Jahr schon gesagt; die Angriffe erfolgten „mit Messern, Fäusten oder Autos“. Typische Situationen seien Kontrollen von Hundebesitzern, Radfahrern und Falschparkern.

Die Tabelle der Innenverwaltung ist auch aus einem anderen Grund unvollständig: Treptow-Köpenick hat erst Ende 2007 begonnen, die Angriffe überhaupt zu zählen. Verärgert über die Antwort ist der CDU-Abgeordnete Frank Henkel. „Das sind politisch geschönte Zahlen“, sagt er, „nicht die Lebenswirklichkeit.“ Die tatsächliche Zahl dürfte weit höher liegen. Der Abgeordnete kündigte an, selbst bei den Bezirken nachzufragen.

Nach den veröffentlichten Zahlen ist die West-City Spitzenreiter bei den gemeldeten Attacken. In Charlottenburg-Wilmersdorf wurden in diesen drei Jahren 28 Angriffe gezählt, 22 davon mit Verletzungen. In Friedrichshain-Kreuzberg wurden sogar 40 Angriffe gezählt, jedoch endeten davon nur 16 mit einer Verletzung eines Mitarbeiters.

Stadtweit zählte die Innenverwaltung in den vergangenen drei Jahren insgesamt 243 Angriffe mit 80 Verletzten. Diese hätten krankheitsbedingt durchschnittlich zwei bis drei Wochen gefehlt.

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