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Berlin: Angst vor dem Rückfall

In Weißensee gibt es Streit um ein Heim für psychisch kranke Straftäter. Die Anwohner wollen juristisch gegen das Projekt vorgehen.

Von Fatina Keilani

Die Proteste haben nichts genützt, jetzt wollen sich Anwohner mit juristischen Mitteln gegen das geplante Heim für psychisch kranke Straftäter in ihrer Nachbarschaft wehren. Am Montag hat die Bürgerinitiative „Familienkiez“ aus Weißensee einen Termin mit ihrem Anwalt. Ein Diskussionsabend kürzlich konnte die Gemüter nicht beruhigen. Der Versuch, die aufgebrachten Nachbarn über einen Beirat einzubinden, ging im Tumult unter.

In einem ehemaligen Gefängnis an der Großen Seestraße werden derzeit 20 Wohnungen für psychisch kranke Rechtsbrecher gebaut. Im sogenannten halboffenen Maßregelvollzug sollen diese Menschen, die an Psychosen und Persönlichkeitsstörungen leiden, auf ein eigenständiges Leben vorbereitet werden. Der Träger der Einrichtung ist die gemeinnützige Zeitraum GmbH, die schon 40 Jahre auf diesem Gebiet arbeitet. „Die Aufregung legt sich spätestens mit dem Tag der Eröffnung“, sagt Projektleiterin Helen von Massenbach. Sie hoffe, dass die Gespräche mit Anwohnern etwas Vertrauen stiften konnten. „Auch wir als Träger würden nicht so eine Einrichtung gegenüber einer Kita eröffnen, wenn eine Gefahr für die Kinder bestünde“, so Massenbach. Ein ähnliches Projekt war 2007 in Wedding eröffnet worden; es liegt gegenüber einer Kita. Die künftigen Bewohner der 20 Apartments in Weißensee seien zwar psychisch kranke Rechtsbrecher, von ihnen seien aber keine Rückfälle zu erwarten, so Massenbach. Wegen ihrer Schuldunfähigkeit gelten sie nicht als Straftäter.

Die Anwohner haben Angst um ihre Kinder und finden, ein solches Heim gehöre nicht in eine Familienwohngegend; von Vertrauen keine Spur. „Im Gegenteil“, sagt Peter Dommaschk, der seit zwölf Jahren in der Gegend wohnt. „Je mehr man weiß, umso beunruhigter ist man. Wir sind weiter total dagegen.“ Ein wesentlicher Grund für das Misstrauen ist, dass die Nachbarn von dem geplanten Projekt sehr spät erfahren haben. Am Bauzaun hing nur ein Schild mit der Aufschrift „therapeutischer Verbund“, die Arbeiter sagten nichts. Von Straftätern sei erst die Rede gewesen, als alles beschlossen war, kritisieren die Anwohner. Es gebe auch widersprüchliche Informationen. So sei erst kategorisch ausgeschlossen worden, dass Sexualstraftäter dort untergebracht würden, dann aber habe man das doch nicht mehr fest zusagen wollen.

Die Senatsgesundheitsverwaltung stellt klar: „Es werden dort keine Pädophilen, keine Sexualstraftäter, keine Mörder untergebracht“, sagt Sprecherin Franziska Obermeyer. Die Kranken blieben zwei bis drei Jahre, dann kämen sie in ein betreutes Wohnen im Heimatkiez. Die Anwohner beruhigt das nicht. Ganz in der Nähe, im Bundenbacher Weg, hatte im August 2002 ein alkoholsüchtiger Gewalttäter ein Ehepaar getötet. Auch er hatte drei Jahre Maßregelvollzug und eine Therapie hinter sich.

Die BVV Pankow will sich am Mittwoch mit dem Thema befassen, allerdings unterstützt die Mehrheit dort das Vorhaben. 2007 hatte es eine ähnliche Situation in Lankwitz gegeben. Anwohner protestierten gegen ein Heim für Straftäter. Nachdem es eröffnet war, beruhigte sich die Lage schnell. Als die „Abendschau“ dort kürzlich herumfragte, bekamen die Reporter zu hören, die Heimbewohner bemerke man kaum, es gebe mit ihnen keine Probleme. Fatina Keilani

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