zum Hauptinhalt
Prozessende in Sicht. Am Donnerstag gibt es das Urteil gegen die Pokerräuber. Foto: dpa

© dpa

Berlin: Ankläger will alle Pokerräuber hinter Gitter sehen

Staatsanwalt verlangt zwischen vier und fünf Jahre Haft. Verteidiger halten das für überzogen und plädieren auf Bewährung

Reuige Sünder sehen für den Staatsanwalt anders aus. Zumindest drei der Pokerräuber sind für ihn junge Leute, die sich „nicht wirklich von der kriminellen Szene gelöst haben“ und sich „wie Stars“ fühlen. Auch wenn alle gestanden und zwei von ihnen „Aufklärungshilfe“ geleistet haben, sollen sie nach den Vorstellungen von Ankläger Frank Heller hinter Gitter. Er plädierte am Montag auf Haftstrafen zwischen vier und fünf Jahren. Verteidiger kritisierten das als „absurd“ und „überzogen“. Sie sprachen sich zumeist für milde Bewährungsstrafen aus.

Maskiert, bewaffnet und mit Gebrüll waren Vedat S., Ahmad El-A., Jihad C. und Mustafa U. am 6. März in das Pokerturnier im Hotel Grand Hyatt am Potsdamer Platz geplatzt. „Sie sind losgezogen, um eine Million Euro zu erbeuten“, sagte Heller. Das zeuge von erheblicher krimineller Energie. Allerdings seien die Angeklagten angestiftet und erst kurz vor dem Überfall von einem der beiden mutmaßlichen Drahtzieher eingeweiht worden. Das sei strafmildernd zu werten. Als völlig dilettantisch aber traten sie aus Sicht des Anklägers nicht auf. Die Professionalität liege „im Mittelfeld“.

Vedat S. soll in den Genuss der Kronzeugenregelung kommen. Er hatte sich gestellt, als Erster geplaudert, sodass auch seine drei Kumpels zwei Wochen nach dem riskanten Coup vor laufender Kamera und hunderten Zeugen in Haft genommen wurden. S. ist mit 21 Jahren zudem der Älteste der vier Männer aus türkischen und arabischen Familien. Für ihn gilt das Jugendstrafrecht nicht mehr. „Ohne die Aufklärungshilfe wäre ich im Bereich von sieben Jahren Haft“, sagte Heller. S. soll belohnt werden. „Es ist mit vier Jahren auszukommen.“

Auch für Mustafa U. sieht der Staatsanwalt einen Strafrabatt. Nur der 20-jährige U. hatte vor Gericht erklärt, dass sie von „Ibo“, dem 29-jährigen Onkel von Jihad C., eingewiesen worden seien. „Er war mutig genug, den Onkel als Hintermann zu nennen“, lobte Heller. Nur Mustafa U. gab 4000 Euro von der Beute zurück, nur er erweckte beim Ankläger den Eindruck, „dass er mit der Sache abschließen will“. Aber U. ist einschlägig vorbestraft, kam erst zwei Monate vor dem Raub aus dem Gefängnis. Der Ankläger plädierte auf eine Jugendstrafe von vier Jahren. Am härtesten soll es nach dem Willen der Staatsanwaltschaft den 19-jährigen Jihad C. treffen: fünf Jahre. „Es ist keinerlei Reue zu erkennen“, sagte Heller. C., ein ausgebildeter Boxer, habe zugeschlagen. Gegen Ahmad El-A., 20 Jahre alt, beantragte er eine Jugendstrafe von viereinhalb Jahren. El-A. schwang eine Machete, als sie ins Hotel stürmten. Er stopfte Geld in seine Hosentaschen. Sie konnten mit 242 000 Euro fliehen. Der Verbleib von 238 000 Euro ist bis heute offen. Die Angeklagten behaupteten, sie hätten „keinen Zugriff“ darauf.

Die Verteidiger beschrieben nette Jungs, die für Ältere die Kastanien aus dem Hotel holen sollten. Sie seien ausgenutzt und zur Tat gedrängt worden. Ein Pokerturnier sei zudem eine „recht obszöne Veranstaltung“, bei der Geld bündelweise über die Tische gehe. Im Hyatt habe es nur „lächerliche“ Sicherungsvorkehrungen gegeben. Drei der Anwälte verlangten Bewährungsstrafen. Für den erheblich vorbelasteten U. wurde auf ein Jahr Jugendstrafe plädiert.

Die vier Angeklagten baten persönlich um Milde. „Die ganze Sache tut mir leid“, meinte S. Sein Freund C. sprach von Reue, Mustafa U. bezeichnete die Tat als einen „Wendepunkt“ in seinem Leben. Und El-A. plauderte über Ziele, die er sich im Knast gesetzt habe: „Ein normales Leben führen, arbeiten gehen.“ Das Urteil wird am Donnerstag verkündet.

Zur Startseite