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Berlin: Anwalt: Bankgesellschaft täuschte Anleger über Risiken

Fondszeichner klagen gegen Tochterunternehmen des Kreditinstituts und machen brisante Protokolle der Führungsgremien öffentlich

Mit einer Sammelklage streiten Hunderte von Zeichnern von Immobilienfonds der Bankgesellschaft Berlin jetzt um Schadenersatz. Am Sonntag stellte Anwalt Wolfgang Schirp Einzelheiten der Klageschrift bei einer Veranstaltung für Anleger vor. In dieser Woche will er die Klage einreichen. Schirp vertritt nach eigener Aussage 650 Zeichner von Fonds, die wegen Mietausfällen und Kreditbelastungen zugesagte Gewinne nicht mehr ausschütten. Der Anwalt erhob schwere Vorwürfe gegen frühere Vorstände von Tochterunternehmen der Bankgesellschaft.

So sollen Vorstandsmitglieder vorsätzlich problematische Immobilien, die als nicht kreditwürdig eingestuft waren, zu überhöhten Preisen in die Fonds verschoben und sich der damit verbundenen Risiken entledigt haben. Drohende Verluste seien auf Landesbank, Fondsanleger und Steuerzahler abgewälzt worden. In den Prospekten, die für die Fonds warben, sei verschwiegen worden, dass es bei vielen Immobilien Mietausfälle und andere finanzielle Risiken gab. Deswegen sieht Schirp den Tatbestand der so genannten Prospekthaftung als erwiesen an.

Seine Vorwürfe begründet der Anwalt mit brisanten Zitaten aus vertraulichen Banksitzungen. Diese Äußerungen von Spitzenmanagern stehen in offensichtlichem Widerspruch zu den Werbeprospekten für die Fonds. So berichtete 1996 ein Vorstandsmitglied der Bankgesellschaftstochter IBG über die damals bereits als kritisch eingestuften Plattenbauten des Unternehmens Aubis. Dem Protokoll zufolge „handelt es sich um eine Finanzierung von 300 Millionen Mark, wobei ein Wertberichtigungsbedarf in dreistelliger Millionenhöhe zu erwarten ist“. Die versammelten IBG-Geschäftsleiter bekundeten laut Protokoll „einstimmig, dass sie ein Engagement der IBG in diesem Fall für sehr risikobehaftet halten und deshalb davon abraten.“ Dessen ungeachtet wird das Vorstandsmitglied mit den Worten zitiert, die Bankgesellschaftstochter BerlinHyp, „erwartet von der IBG, dass sie als Problemlöser zur Verfügung steht und die Objekte in einen Fonds mit einbezieht.“ Genau dies geschah dem Anwalt zufolge dann auch. Neben Aubis nennt Schirp eine Hand voll ähnlicher Fälle, in denen Immobilien in die Fonds aufgenommen wurden, bei denen schon damals bankintern Mietausfälle und überhöhte Kaufpreise beklagt worden waren – ohne dass die Anleger in den Fondsprospekten darüber informiert wurden. Bislang hatten die verantwortlichen Bankmanager wiederholt beteuert, die Immobilien seien damals nicht als Pleiteobjekte zu erkennen gewesen.

Mit der gestrigen Veranstaltung warben Rechtsanwalt Schirp und der von ihm mitgegründete Verein Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz um weitere Mandanten. Noch hätten Anleger die Möglichkeit, sich der Klage anzuschließen. Schirp betonte allerdings, dass es ihm nicht nur um die Interessen einzelner Betroffener gehe, sondern um eine „Gesamtlösung“. Er wolle mit seiner Klage die Bankgesellschaft nicht in die Insolvenz treiben.

Das hofft auch der SPD-Politiker Frank Zimmermann, Vorsitzender des Untersuchungsausschusses zur Bankenaffäre im Abgeordnetenhaus. „Wir sehen die Klage mit Skepsis, weil wir im Interesse des Landes eine einvernehmliche Lösung brauchen.“ Unter dem Aspekt der Aufklärung sei die Klage allerdings durchaus eine Bereicherung: „Wir sehen uns die Klageschrift genau an und suchen, was dabei für uns neu ist.“

Informationen: Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz, Tel. (08633) 506714, Internet: www.anlegerschutzev.de und www.s-sm.de

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