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Update

Anzeige wegen Schwarzarbeit: DGB: Betrug auf Baustelle in Schönefeld

Eine am Bau des neuen Flughafens in Schönefeld beteiligte Firma soll nach Informationen des Gewerkschaftsbunds mindestens 40 Arbeiter aus Ungarn um den Lohn geprellt haben. Der Flughafenbetreiber spricht von "Einzelfällen".

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hat einer am Bau des Hauptstadtflughafens BER in Schönefeld beteiligten Firma vorgeworfen, Arbeiter durch einbehaltenen Lohn betrogen zu haben. „Die Glamini Ausbau GmbH mit Sitz in Bad Reichenhall hat mindestens 40 ungarische Bauarbeiter um Lohn geprellt“, sagte die Vorsitzende des DGB Berlin-Brandenburg, Doro Zinke, am Freitag. Der Schaden soll bis zu 200.000 Euro betragen, es wurde Anzeige wegen Schwarzarbeit gestellt.

Der Betreiber des Flughafens wies die Anschuldigungen zurück. Bei der beschuldigten Firma sprang am Freitag eine Bandansage in mehreren Sprachen an: „vorübergehend nicht erreichbar“. Das Unternehmen war auch über die angegebene Handynummer nicht zu erreichen. „Es liegen Hinweise vor, dass die Firma ihre Zelte in Bad Reichenhall abgebrochen und der Prokurist das Unternehmen verlassen hat“, hieß es beim DGB. Die ungarisch-österreichische Firma wurde als Sub-Subunternehmen mit Arbeiten beim Lüftungs-, Wasser- und Heizungsbau beauftragt. Die ausländischen Beschäftigten arbeiteten seit Mitte Oktober am Bau des Terminals mit. Der im Arbeitsvertrag vereinbarte Stundenlohn von elf Euro wurde ihnen laut DGB nie ausgezahlt – stattdessen gab es ein Taschengeld von 20 Euro pro Woche.

Auf Druck des DGB wurde den Männern von einem Ersatzunternehmen je 300 Euro überwiesen, damit sie über Weihnachten heimfahren konnten. In seinen Presseunterlagen hat der DGB dieses Unternehmen namentlich genannt. Der Geschäftsführer fühlt sich jetzt zu Unrecht mit den Negativschlagzeilen in Zusammenhang gebracht. Er sagte gegenüber dem Tagesspiegel, man habe im Gegenteil der Gewerkschaft dabei geholfen, den Fall aufzuklären.

Den Arbeitern wurden Job und Unterkunft in Neukölln fristlos gekündigt. Einige erhielten vom Ex-Arbeitgeber Schadenersatzforderungen im vierstelligen Bereich. Der DGB will Klagen ermöglichen; solche Fälle gebe es öfter.

Bei den Berliner Flughäfen hieß es, man fordere „von allen Firmen, die auf der Baustelle tätig sind, eine Tariftreueerklärung“. Der dargestellte Fall sei ein Einzelfall, er werde geprüft.

Leere Versprechungen vom Arbeitgeber.

Laut DGB hatte der Arbeitgeber den ungarischen Arbeitern "nichts zu bieten, außer leeren Versprechen, dass die Löhne bald ausgezahlt werden". Deshalb haben sich die Männer an das Beratungsbüro der Gewerkschaft gewandt. Ohne einen Cent in der Tasche hätten sie nicht einmal über die Feiertage nach Hause fahren können. Gemeinsam setzten die DGB-Beraterinnen und die ungarische Botschaft dann die  Abschlagszahlung von 300 Euro pro Arbeiter durch.

Ein Großteil der Arbeiter sei Mitglied der IG Metall geworden, so dass sie auch gewerkschaftlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen können. Damit gibt es für sie die Möglichkeit, gegen die Kündigungen rechtlich vorzugehen und die ausstehenden Lohnansprüche durchsetzen zu lassen. Viele seien schon wieder zurück in Ungarn. „Es ist eine Sauerei, wie hier ausgerechnet auf der Flughafen-Baustelle mit den ungarischen Beschäftigten umgegangen wurde“, sagte Hermann von Schuckmann, Leiter der für Schönefeld zuständigen Verwaltungsstelle der IG Metall in Ludwigsfelde. Die Gewerkschaft unterstütze auch Arbeiter, die nur vorübergehend in Deutschland beschäftigt seien. 

„Leider sind solche Fälle in unserer Region kein Einzelfall“, sagte die DGB-Bezirksvorsitzende Doro Zinke. Immer wieder gäbe es Probleme mit nicht oder nur teilweise gezahlten Löhnen. Leider wissen viele nicht, wie sie sich dagegen wehren können und fahren oft ohne Lohn wieder in ihre Heimat. „In diesem Fall hat die ungarische Botschaft die Arbeitnehmer an unser Beratungsbüro verwiesen.“

Neben der rechtlichen Unterstützung der Arbeiter müsse der Fall nun auch politisch aufgearbeitet werden, fordert der DGB. „Die ungarischen Kollegen haben berichtet, dass auf der Flughafenbaustelle viele weitere Arbeiter aus Mittel- und Osteuropa arbeiteten, die ähnlich schlechte Erfahrungen machen, sich aber nicht trauen würden, dagegen vorzugehen. Wir werden von der Flughafengesellschaft und den Landesregierungen Berlins und Brandenburgs Aufklärung verlangen", sagte Zinke.

Das Beratungsbüro im DGB-Haus an der Keithstraße 1/3 in Schöneberg werde vom Berliner Senat finanziert; Träger sei "Arbeit und Leben Berlin", teilt der DGB mit. Dort meldeten sich zunächst vier Bauarbeiter. Nach ihrem Bericht seien vom Lohnbetrug 40 ungarische Arbeiter betroffen, 22 davon meldeten sich bei der Gewerkschaft, hieß es weiter.

Der Geschäftsführer des nach der Intervention eingesprungenen Unternehmens äußerte sich Freitagnacht höchst verärgert gegenüber dem Tagesspiegel. Die Firma werde durch die Presseunterlagen des DGB in ein schlechtes Licht gerückt, so der Unternehmer. Man denke sogar über eine Klage wegen Rufschädigung gegen die Gewerkschaft nach.

Alle betroffenen Arbeiter sind von der IG Metall aufgenommen worden und werden vom DGB Rechtsschutz Berlin und DGB Rechtsschutz Rosenheim rechtlich vertreten. Die Bauarbeiter seien in Ungarn per Onlineinserat angeworben worden.  Die angeblichen Schadenersatzansprüche gegen die Arbeitnehmer, mit denen "die ungarischen Kollegen offensichtlich unter Druck gesetzt werden sollen", sind nach Gewerkschaftseinschätzung" rechtlich gegenstandslos". (mit dapd)

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