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Berlin: Anziehendes Ambiente

Seit 75 Jahren kleidet Sabo & Sabo die eleganten Berliner ein. Und das in einem ganz besonderen Interieur

Der Mann fällt auf. Weniger durch seine graue Lockenpracht und die Zigarre im Mund. Mehr durch seine Hose. Die hängt zerknautscht und viel zu kurz über Bequemtretern. „Das war Bruno Bruni“, sagt Janine Sabo, als der Kunde zufrieden ihr Geschäft verlässt, „der Künstler.“ Berühmte Kunden sind dabei keine Seltenheit im Modehaus „Sabo & Sabo“ am Kurfürstendamm 193. Marlene Dietrich hat dort gekauft, auch Josef von Sternheim. Klaus Kinski hinterließ eine unangenehme Erinnerung, andere wie Mario Adorf, Peter Weck, Alec Guinness oder Walter Plathe nicht, der sich jüngst einen Eisbärenpullover in dem traditionsbewussten Geschäft kaufte. Das hält im leeren Haus Cumberland tapfer die Stellung .

Hier gründeten 1927 Constantin und Victor Sabo das Familienunternehmen, das am heutigen Sonnabend sein 75. Jubiläum feiert. Angefangen hat alles mit einer Flucht. Als russische Emigranten französischer Herkunft waren die Brüder Sabo mit ihrer Mutter nach der Oktoberrevolution aus Moskau geflüchtet. Ohne Vater. Den Juwelier hatten die Bolschewiken erschossen.

„Mit einem Korb voller wertloser Rubel kamen sie in Berlin an“, erinnert sich Janine Sabo an die Erzählungen ihres Vaters Constantin. Bevor er davon leben konnte, die Berliner nobel anzukleiden, studierte er Chemie an der heutigen Humboldt-Universität. „In seinen Studienbüchern taucht auch der Name Otto Hahn auf“, erzählt die Tochter. Sie kann sich aber nicht mehr daran erinnern, wie der Vater das Geld für das Geschäft beschaffte. Von Anfang an ging es nobel zu. Auf zwei Etagen und mit zehn Mann Personal bot „Sabo & Sabo“ Herren neben Maßhemden und Krawatten eigener Herstellung die elegantesten Sachen aus edelsten Stoffen. Und das alles in einem Interieur, das bis heute seinesgleichen in der Stadt sucht.

Da stehen die Kleiderpuppen in den Schaufenstern auf feinstem Schlossparkett. Da ruht der fußmüde Kunde im Geschäft in einem riesigen Danziger Barockstuhl mit Löwenköpfen. Die exklusiven Markentextilien werden in antikem Mobiliar präsentiert. Wie Soldaten in Reih und Glied hängen da in einem Lothringer Barockschrank dunkelblaue englische Blazer. Die passenden Oberhemden findet man in einem Dresdener Tischkabinettschrank von 1730. „Mein Vater liebte Antiquitäten. Ladeneinbauten kamen für ihn nicht in Frage“, sagt die Tochter und zeigt ein Foto, das ihre Eltern zeigt. 1948 hatte Constantin Sabo geheiratet. Ehefrau Margots Idee war, dass nach dem Krieg auch Damen bekleidet wurden. „Später zog meine Mutter Weltmarken an Land“, sagt Janine Sabo, „der Laden war ihr Leben.“ Seit 1974 ist er das auch für die 47–Jährige. Auch die dritte Sabo-Generation schlägt nicht aus der Art. „Mama, wie viel hast du heute eingenommen?“, fragt der neunjährige Constantin schon mal, wenn er in „seinen“ Laden kommt.

Heidemarie Mazuhn

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